Experte warnt

Atomgespräche: Hoffnungen zu groß?

In Bagdad geht die Neuauflage der Atomgespräche mit dem Iran in eine zweite entscheidende Runde. Seit einem vielversprechenden Auftakt vor fünf Wochen in Istanbul herrscht Optimismus. Doch die Erwartungen sind möglicherweise zu groß, warnt Volker Perthes vom Berliner Institut "Stiftung für Wissenschaft und Politik".

Morgenjournal, 23.5.2012

Barbara Ladinser hat mit dem Iran-Experten Volker Perthes gesprochen.

Angst auf beiden Seiten

In einen der schwierigsten internationalen Konflikte scheint Bewegung gekommen zu sein. Nach dem ersten Treffen Irans mit den Westmächten und Russland und China in Istanbul Mitte April haben alle das gute Klima gelobt. Etwas hat sich geändert, sagt der Iranexperte Volker Perthes: Beide Seiten hätten den "Drang, tatsächlich weiter zu kommen." Der Iran leide unter den Sanktionen und der Weltgemeinschaft machten Israels Kriegsdrohungen Angst. "Man hat gesehen: Wir müssen runter, wenn wir eine militärische Konfrontation vermeiden wollen", so Perthes. Beim Iran spiele auch die Sorge vor zunehmender Isolation eine Rolle.

Zu große Erwartungen?

Bei aller Zuversicht warnt Perthes aber vor zu großen Erwartungen: Die iranische Führung habe die Bevölkerung darauf vorbereitet, dass sie Kompromisse machen werde. Zugleich habe sie Erwartungen aufgebaut, dass damit auch die Sanktionen fallen würden. "Wenn diese Erwartungen enttäuscht werden, kann das zu einem Rückschlag führen." Auch auf der internationalen Seite könnten die Erwartungen höher sein als die Iraner zugestehen wollten.

Behutsame Annäherung

Perthes würde beiden Seiten eher raten, sich auf eine "Roadmap" von Verhandlungen zu einigen, und dann behutsam Schritt für Schritt voranzugehen. Ein großer Durchbruch liege noch in der Ferne: "Was wir bekommen können, ist eine Deeskalation, wo der Iran auf einige der am meisten Besorgnis erregenden Teile seines Atomprogramm verzichtet, und das wäre vor allem die 20-Prozent-Anreicherung." Das wäre ein erheblicher Schritt vorwärts, so Perthes. Und die westlichen Staaten müssten darüber nachdenken, bestimmte Sanktionen zumindest zu suspendieren. Vorausgesetzt dass alles gut geht, sieht der Iran-Experte eine echte Lösung frühestens gegen Ende des Jahres.

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Stiftung Wissenschaft und Politik Homepage von Volker Perthes