Debatte jetzt auch in Berlin

Wachstum und/oder Sparen

Auf EU-Ebene gilt Angel Merkel als Verfechterin einer harten deutschen Linie, aber zumindest ein Stück weit wird sie nachgeben müssen, denn in Deutschland redet bei den nächsten europapolitischen Entscheidungen auch die Opposition mit. Die Debatte um Sparen und Wachstum, die den EU-Gipfel geprägt hat, geht in Deutschland, wenn Regierung und Opposition zusammenkommen, nahtlos weiter.

Mittagsjournal, 24.5.2012

Aus Berlin,

Fortsetzung in Berlin

Im Berliner Kanzleramt findet das europapolitische Ringen von Brüssel heute auf deutscher innenpolitischer Ebene eine Fortsetzung. Nur dass die Hauptkontrahenten nicht Angela Merkel und Francois Hollande heißen, sondern Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Als Vorsitzender der stärksten Oppositionspartei, der SPD, hat Gabriel einen Trumpf in der Hand, wenn es um die europapolitische Weichenstellungen auf deutscher Ebene geht. Denn für die nächsten großen Schritte, Stabilitätsfonds und Fiskalpakt, braucht die Regierung so viel Zustimmung aus dem Oppositionslager, dass eine Zweidrittelmehrheit zustande kommt.

SPD will auch Wachstumspakt

Sigmar Gabriel weiß das und versucht, den Preis für seine Zustimmung hochzutreiben. Ganz ähnlich wie Francois Hollande fordert er, dass zum europäischen Sparpakt auch ein Wachstumspakt dazukommen müsste. Konkret meint Gabriel, es müsste mehr Geld für Ausgaben der Europäischen Investitionsbank bereitgestellt werden, auch die EU-Fördergelder sollten verstärkt in den Wiederaufbau der Krisenländer fließen, schließlich sei das, wie SPD-Chef Gabriel meint, auch im ureigensten deutschen Interesse: er will neben dem Fiskalpakt auch einen Wachstumspakt mit Initiativen für Wachstum und Beschäftigung.

Vorsicht bei Eurobonds

Wesentlich vorsichtiger als sein französischer Parteigenosse äußert sich der SPD-Chef allerdings, wenn es um gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Länder geht, um die sogenannten Eurobonds. Er sieht sie maximal als Teillösung auf längere Frist, etwa dann, wenn sie mit der Umstrukturierung eines griechischen Schuldentilgungsplanes einhergehen sollten. Auch Jürgen Trittin von Grünen teilt diese vorsichtigere Linie. Eurobonds, darauf weist auch er hin, kämen ohnehin nur bei einer grundlegenden Änderung der Regeln für die europäische Zusammenarbeit in Frage.

Kompromiss möglich

Damit scheint ein Kompromiss zwischen Regierung und Opposition durchaus noch als möglich, der Zeitplan allerdings könnte in Wackeln geraten. Angela Merkel hätte gerne Stabilitätsfonds und Fiskalpakt gemeinsam noch vor der Sommerpause durchs Parlament gebracht. Der Stabilisierungsfonds für den Euro, so scheint es jetzt, könnte noch vor dem Sommer im Bundestag durchgehen. Rund um den Sparpakt allerdings könnte in Deutschland noch bis in den Herbst hinein eifrig gefeilscht werden.