Proteste gegen Gesetzesänderung
Schutz des Regenwalds in Gefahr
In Brasilien steht die Regierungschefin Dilma Rousseff vor einer komplizierten politischen und umwelttechnischen Entscheidung. Das Parlament verabschiedete vor zwei Wochen den "Código Florestal", der den Regenwald-Schutz aufweicht. Tagtäglich finden in verschiedenen Städten in Brasilien Demonstrationen statt, die die Präsidentin auffordern, ihr Veto einzulegen.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 26.5.2012
Protest gegen Gesetzesaufweichung
"Veta Dilma! Veta Dilma!" Immer wieder rufen die Demontranten im Chor "Lege Dein Veto ein, Dilma!“ Die nationale Bewegung "Veta tudo Dilma" hat im ganzen Land Demonstrationen organisiert, um auf diese Weise Druck auf Präsidentin Dilma Rousseff auszuüben. Kritiker des geplanten Waldgesetzes befürchten, dass mit dem Inkrafttreten der illegale Einschlag von Waldflächen, der bis zum Jahr 2008 getätigt wurde, legalisiert werde.
Bazileu Margarido von der Organisation "Demokratie und Umweltverträglichkeit" erklärt: "Wenn man den Text genauer analysiert, der von beiden Kammern im Parlament verabschiedet wurde, muss das gesamte Projekt mit einem Veto geblockt werden. Denn es erlaubt die Amnestierung der Verstöße gegen das Verbot der Waldrodung, die Verringerung der permanent geschützten Gebiete sowie eine vermehrte Abholzung in der Zukunft."
Teil-Veto reicht nicht
Aller Voraussicht nach wird Dilma Rousseff Teile des Gesetzes in der bestehenden Form nicht abzeichnen und ihr Veto zu diesen Punkten einlegen. Für Igor Felipe Santos von der Landlosen Bewegung wäre dies allerdings keine akzeptable Lösung: "Dieses Projekt kann nicht gerettet werden, in dem man gegen den einen oder anderen Paragraphen ein Veto einlegt. Das gesamte Projekt muss geblockt werden, um den Umweltschutz garantieren zu können, sowie die Existenz landwirtschaftlicher Familienbetriebe und auf diese Weise eine bessere Zukunft für alle Brasilianer gewährleisten."
Vorteile für Bauern
Im Gegenzug begrüßt vor allem die Agrarlobby das neue Gesetz. So würde es für die Landwirte mehr Rechtssicherheit und bessere Bedingungen für die Agrarproduktion schaffen. Das bisherige Gesetz aus dem Jahre 1965 stellt die nachhaltige Entwicklung des Waldes in den Vordergrund und schützt 80 Prozent des Amazonas-Regenwaldes als Naturreservat. Rodungen sind hier nicht erlaubt, auch nicht auf Privatbesitz. Doch viele haben sich an dieses Verbot nicht gehalten.
Die Neufassung des Gesetzestextes legt eine Amnestie für illegale Rodungsaktionen fest, die vor dem Juli 2008 stattgefunden haben, außerdem heißt es darin, dass die entwaldeten Flächen nur zur Hälfte wieder aufgeforstet werden müssen.
Wirtschaftswachstum oder Umweltschutz?
Für den Anwalt Horacio Vianello wäre eine Amnestie keine wünschenswerte Lösung: "Es wäre inkohärent von Dilma, wenn sie jetzt zulassen würde, dass eine Form von Amnestie im Bereich Umweltfragen entsteht. Sie kann dies nicht geschehen lassen. Sie steht unter einem großen Druck der brasilianischen Gesellschaft, jene nicht zu bestrafen, die die Regeln missachtet haben. Ich glaube, sie wird ihr Veto teilweise aussprechen. Und womöglich geht der Gesetzestext retour an das Parlament, damit das Projekt erneut überarbeitet wird und somit ein besseres Gesetz entstehen kann, dass sich positiv auf die brasilianische Wirtschaft auswirken wird."
Dilma Rousseff steht vor dem Dilemma, viele unterschiedliche Interessen bedienen zu müssen. Wirtschaftliches Wachstum oder Umweltschutz? Bisher hat Brasiliens Präsidentin Umweltbelange dem Wachstum untergeordnet. Doch wenige Wochen vor dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro steigt nun auch der internationale Druck auf Dilma Rousseff. Das letzte Wort scheint also noch nicht gefallen zu sein.
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