Entschleunigung auf Isländisch

Neues Album von Sigur Ròs

Sie sind der isländische Musikexport Nummer zwei nach Björk: Sigur Ròs. Bekannt für ihre sphärischen Klänge, ist nun das sechste Album der Band erschienen - Titel: "Valtari", was übersetzt so viel heißt wie Straßenwalze. Ein Titel, der nur bedingt zu dem passt, was das Album musikalisch zu bieten hat.

Kulturjournal, 30.05.2012

Wenn man das neue Sigur-Ròs-Album durchhört, wird schnell klar: Hier wird der Langsamkeit gefrönt. Hatte die Musik der Isländer in der Vergangenheit noch teilweise etwas dezent Antreibendes, so erhält das Wort "sphärisch" mit dem Album "Valtari" selbst für Sigur-Ròs-Verhältnisse eine gänzlich neue Bedeutung. Und man wird da das Gefühl nicht los, in Superzeitlupe über eine isländische Landschaft zu segeln.

Aber diese Langsamkeit, das verträumt Sinnentleerte macht genau auch den Reiz dieser Band aus. Da streichelt der Gitarrist seine E-Gitarre mit einem Cellobogen, und gesungen wird manchmal auf Isländisch - meist aber auf Vonlenska, einer Fantasiesprache, die Sänger Jonsi nutzt, um Gesangsmelodien zu komponieren.

Die Musikalität der Sprache

In den Anfangsjahren hielt sich hartnäckig das Gerücht, die Band hätte eine eigene Kunstsprache geschaffen, mit eigener Grammatik. Aber nein, all das worüber hier gesungen wird, habe schlicht gar keine Bedeutung. Es gehe vor allem um den spezifischen Klang, die Musikalität des Gesungenen. Der Hörer solle sich selbst Gedanken über die Musik machen, und ein eigenes Kopf-Kino in Gang setzen. Man sei nun einmal keine politische Band.

Nun zugegeben: Für politische Statements wäre die Musik wohl auch nur bedingt geeignet, aber es ist immerhin schon bemerkenswert, dass einmal nichts gesagt wird, wenn man nichts zu sagen hat. Gelegentlich äußert sich die Band dann aber doch zu politischen Themen, aber auch wieder nur auf der Bühne. So gaben Sigur Ròs 2011 gemeinsam mit der isländischen Musikinstitution Björk in Reykjavik ein Gratis-Konzert gegen den Ausbau von Aluminiumfabriken auf der Insel.

Videoclips von Künstlern gestaltet

Etwas Spezielles hat sich die Band dieses Mal für die Produktion der Musikvideos zum neuen Album einfallen lassen: Zwölf Künstler wurden mit demselben Budget ausgestattet und eingeladen, Musikclips zu gestalten, die nun Woche für Woche auf der Band-Homepage veröffentlicht werden. Die ersten beiden Videoarbeiten gibt es bereits - und vor allem jenes zur Nummer "Ekki Mùkk" bringt die Stimmung des gesamten Albums auf den Punkt: Angelehnt an das mattgrüne Albumcover, fliegt hier ein Schiff in zelebrierter Langsamkeit über das Meer - Entschleunigung auf Isländisch.

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