Kardinalstaatssekretär im Visier

Hintergründe von VatiLeaks

Die sogenannte VatiLeaks-Affäre sorgt im Vatikan schon seit Monaten für Unruhe und außerhalb für Erstaunen. Warum sind offenbar maßgebliche Kreise in der Kirche daran interessiert, dass Dokumente vom Schreibtisch des Papstes ihren Weg in die Zeitungen finden? Und warum handelt der Papst so zaghaft? Es gibt einen Punkt - auf den alles zusammenläuft: Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.

Morgenjournal, 9.6.2012

Aus Rom,

Machtspiele vor nächster Papstwahl

Die zentrale Figur der ganzen Affäre ist und bleibt der zweitmächtigste Mann des Vatikans: Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Ein Teil der Kirche scheint gegen ihn zu rebellieren. Mit den aufgetauchten Dokumenten solle Druck gegen Bertone aufgebaut werden, das Amt freiwillig zurückzulegen sagen Vatikan-Experten. Denn er hat die Machtverhältnisse im Vatikan deutlich zugunsten der Italienischen Kardinäle verschoben. Denn immer geht es im Vatikan auch schon um die nächste Papstwahl erklärt Vatikan-Experte Giacomo Galeazzi:

„Ich glaube der wahre Grund ist es, dass man das Konklave beeinflussen will. Es ist kein Zufall, dass die ganze Sache mit den Dokumenten nach dem Konsistorium begonnen hat. Bertone hat das Gleichgewicht des Kardinalskollegiums gestört - indem er alle seine Männer zu Kardinälen gemacht hat. So hat er die Bischöfe aus aller Welt gegen sich aufgebracht. Und das führt dazu, dass man jetzt davon spricht, dass es im Dezember neue Kardinalskreierungen geben wird um das Gleichgewicht wieder herzustellen.“

Denn nach jetzigem Stand hätten die italienischen Kardinäle eine Mehrheit bei der nächsten Papstwahl. Doch Benedikt XVI lässt Bertone schalten und walten - so Marco Politi, der jahrelang als Vatikan-Experte für die Tageszeitung Repubblica gearbeitet hat. Der Papst sei an Politik nicht interessiert.

Vatikan-Bank-Chef musste gehen

Auch in einer anderen Vatikan Causa wird die Sicht auf die Ereignisse mittlerweile klarer. Die hastige Absetzung des Chefs der Vatikan-Bank Ettore Gotti Tedeschi. Auch hier spielt Kardinal Bertone die Hauptrolle. Der Vatikan-Bank-Chef wollte totale Transparenz - Bertone nicht.

Als der Vatikan-Bank-Chef Tedeschi diese Transparenz durchsetzen wollte und auch noch versucht hat den Papst zu kontaktieren - hätte ihn der Kardinal abserviert - so der Vatikan-Experte.

Und gegen genau diese Machenschaften würden sich jetzt jene Kreise wenden, die mit den VatiLeaks-Dokumenten versuchen Kardinal Bertone zu schaden. Wahrhaftig - ein Krimiautor hätte es sich nicht besser ausdenken können.