Scharfe RH-Kritik an Blaulichtfunk-Vergabe
Der Rechnungshof hat die Vergabepraxis im Innenministerium durchleuchtet - mit dem Schwerpunkt Blaulichtfunk. Und der Rechnungshof sieht einen Millionen-Schaden für die Republik, kritisiert fehlende Aufzeichnungen im Ministerium sowie hohe Beraterkosten und merkwürdige Reisen von Ex-Kabinettchef Christoph Ulmer.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.6.2012
Exklusivbericht von Petra Pichler
Zwei Drittel mangelhaft
Auf 144 Seiten hat der Rechnungshof seine Erkenntnisse rund um die Vergabepraktiken beim Blaulichtfunk zusammengefasst. Insgesamt vergab das Innenministerium hier 28 Aufträge an zehn Berater in Höhe von fast einer Million Euro, bemängelt der Rechnungshof im Rohbericht: "Von diesen Aufträgen wiesen rund zwei Drittel vergaberechtliche bzw. formelle Mängel auf."
Karenziert mit Beratervertrag
Was den RH-Prüfern besonders ins Auge sticht, sind die Aktivitäten von Strassers ehemaligem Kabinettchef, Christoph Ulmer, während der Neuauschreibung für das Digitale-Funksystem. Der Ex-Kabinettchef erhielt nach seiner Karenzierung einen unentgeltlichen Werkvertrag vom Ministerium. Zwar erhielt Ulmer für seine Tätigkeiten nur rund 10.000 Euro Spesenersatz, trotzdem rügt der Rechnungshof: "Die sachliche Notwendigkeit eines unentgeltlichen Beratervertrages für das Projekt Digitalfunk mit dem ehemaligen Kabinettchef war nicht nachvollziehbar. Die vom BMI erteilten Auskünfte über Auftrag und Tätigkeit des Beraters waren widersprüchlich".
Widersprüchliche Angaben
Das ist besonders peinlich für das Innenministerium. Denn hier konnte man dem Rechnungshof nicht schlüssig erklären, was Ulmer eigentlich gemacht hat. Der Rechnungshof erhielt im Prüfungszeitraum drei widersprüchliche Erklärungen des Innenministeriums. Schriftliche Unterlagen über Ulmers Tätigkeiten legte das Innenministerium nicht vor, kritisiert der Rechnungshof. Anhand von Ulmers Spesenabrechnungen stellten die Prüfer fest, dass der Ex-Kabinettchef stets in den Tagen vor entscheidenden Sitzungen der Vergabekommission hoch aktiv war. Und zwar speziell bei zwei Bietern: EADS Telecom Deutschland und Motorola/Alcatel. Der Rechnungshof kritisiert: "Im Sinne der Transparenz bemängelt der RH die informelle Kontaktaufnahme zwischen dem BMI und zwei Bietern außerhalb des Vergabeverfahrens sowie fehlende Dokumentation dieser Kontakte."
Dubiose Millionenhonorare
Faktum ist, dass die letzte Runde des Vergabeverfahrens ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen EADS und Motorola/Alcatel war. Dazu der Rechnungshof: "Während der Unterschied zwischen beiden Bietern beim ersten Anbot rund 40 Prozent betrug, lagen die beiden Bieter beim letzten nur rund ein Prozent auseinander." Das Tetron-Konsorium von Motorola und Alcatel erhielt letztlich den Zuschlag. Die fehlende Transparenz sorgt hier naturgemäß für Spekulationen. Denn rund um diese Vergabe prüfen der U-Ausschuss und Staatsanwaltschaft Korruptionsverdacht. Denn in der Folge flossen dubiose Millionenhonorare der beiden Firmen an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly - mit dem Ulmer übrigens gut bekannt ist und dessen Jagdveranstaltungen er und andere Innenministeriumsbeamte gerne besucht hatten.
Finanziert wurden die Jagden auch von der Telekom, die als Subunternehmer bei Tetron tätig war. Der Kronzeuge in der Telekom-Affäre behauptet außerdem dass die Telekom für den Tetron-Auftrag 1,1 Millionen Euro an Mensdorff gezahlt habe. Schmiergeldverdacht steht im Raum, der von den betroffenen Firmen und Mensdorff jedoch bestritten wird.
Teurer Vergleich
Kritisiert wird vom Rechnungshof auch der Vergleich den das Innenministerium mit Tetron-Vorgänger Mastertalk schließen musste: "Der Republik entstand daher ein finanzieller Schaden von 29,9 Millionen Euro sowie Beratungskosten in Höhe von rund 2,4 Millionen", heißt es im Rohbericht. Auch mit dem laufenden Ausbau des Blaulichtfunknetzes zeigt sich der Rechnungshof nicht gänzlich zufrieden und bemängelt massive Kostensteigerungen.