Paraguays Präsident Lugo vor Absetzung
Vor vier Jahren trat der Befreiungstheologe Fernando Lugo in Paraguay das Präsidentenamt an und versprach, die größten Probleme des Landes, Armut und ungerechte Landverteilung, zu lösen. Doch nach einem blutigen Polizeieinsatz gegen landlose Bauern steht Lugo vor einem Scherbenhaufen seiner Präsidentschaft. Ein Amtsenthebungsverfahren lässt Paraguay in eine tiefe Krise schlittern.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.6.2012
Senat gegen Präsident
In Paraguay herrscht derzeit höchste Anspannung. Schon jetzt soll das vom Parlament eingeleitete Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Fernando Lugo im Senat beginnen. Auch die Bischofskonferenz Paraguays hat den Präsidenten zum Rücktritt aufgefordert. Doch Fernando Lugo machte klar, dass er nicht zurücktreten wird. Lugo will sich dem politischen Prozess beugen, doch er ist überzeugt, dass es sich um einen Staatstreich der konservativen Kräfte im Land handelt. Es sei ein Angriff auf die Demokratie durch jene Kräfte, die sich hartnäckig gegen Veränderungen stellen, so Lugo.
Neuverteilung aussichtlos
Fernando Lugo steht vor dem Scherbenhaufen seines Traumes. Bekannt wurde er als engagierter Priester und Bischof, den die ungerechte Landverteilung und die große Armut in Paraguay in die Politik führten. 2008 gewann er die Präsidentschaftswahl und versprach Veränderung. In Paraguay sind 90 Prozent des nutzbaren Landes in den Händen von nur fünf Prozent der Bevölkerung. Genau diese Elite war bisher an der Macht, und auch nach der Wahl von Fernando Lugo hielt sie weiterhin die Mehrheit im Parlament. Dementsprechend aussichtslos waren die Bemühungen Lugos, die Reichtümer Paraguays neu und gerechter zu verteilen.
Blutige Polizeiaktion
Dazu kamen eine schwere Krebserkrankung Lugos sowie zahlreiche Skandale rund um mehrere Affären mit sehr jungen Frauen, die bereits während seiner Zeit als Bischof stattgefunden hatten. Lugos Beliebtheit stürzte ab, die versprochene Landreform und Umverteilung hat nicht stattgefunden. Vor einer Woche kam es dann auch noch zu einem blutigen Zwischenfall, bei dem die Polizei 17 landlose Bauern tötete. 150 landlose Bauern hatten einen Großgrundbesitz im Norden der Hauptstadt besetzt und sollten von der Polizei vertrieben werden.
Bauernmarsch in die Hauptstadt
Nach dem blutigen Zwischenfall entließ Präsident Lugo den Innenminister und den Polizeichef, doch seine politischen Gegner stürzten sich auf den Anlass und leiteten ein Amtsenthebungsverfahren ein. 76 von 80 Abgeordneten stimmten dem parlamentarischen Verfahren gegen Lugo zu. Das zeigt, dass der Präsident politisch kaum mehr Unterstützer hat. Doch die landlosen Bauern haben ihn noch nicht aufgegeben. Angeblich sind derzeit landlose Bauern aus mehreren Regionen auf dem Weg in Richtung Hauptstadt. Rund 4.000 Polizisten haben das Parlamentsgebäude umstellt, die Geschäfte in der Innenstadt und einige Schulen sind geschlossen, die Spitäler in Paraguays Hauptstadt sind in Alarmbereitschaft.