Zypern ersucht um Finanzhilfe

Zwei Tage vor dem EU-Gipfel spitzt sich die Lage um den Euro weiter zu: Nun schlüpft auch Zypern unter den Rettungsschirm, das Ansuchen um europäische Finanzhilfe ist an den Chef der Eurofinanzminister geschickt worden.

Morgenjournal, 26.6.2012

Aus Brüssel berichtet Cornelia Primosch.

Bonität herabgestuft

Unerwartet kommt der Hilferuf aus Nikosia zwar nicht - aber unpassender hätte der Zeitpunkt kaum sein können. Am Sonntag übernimmt Zypern den halbjährlich wechselnden EU-Ratsvorsitz. Kurz davor, am Donnerstag und Freitag beraten Europas Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel über nachhaltige Maßnahmen, um den Euro zu stabilisieren. Ein Hilfsansuchen Zyperns ist dabei alles andere als vertrauensbildend.

Doch auf gelungenes Timing kann nun keine Rücksicht genommen werden: Am Montag hat mit Fitch auch die dritte große Ratingagentur die Bonität Zyperns auf Ramschniveau herabgestuft. Das Hauptproblem des Inselstaates ist, dass sein Bankensektor eng mit den griechischen Banken verwoben ist. Entsprechend vorrangig ist auch die Rettung der zypriotischen Banken. Die Experten von Fitch gehen davon aus, dass die Geldhäuser Kapitalspritzen von bis zu vier Milliarden Euro benötigen könnten. Zwar geht aus dem Hilfsansuchen der Regierung in Nikosia, das an Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker adressiert ist, nicht hervor, ob Zypern unter den großen Rettungsschirm oder - so wie Spanien - unter den kleinen Rettungsschirm schlüpfen will, doch es deutet derzeit vieles auf eine großangelegte Bankenrettung hin.

Kein Geld aus Moskau und Peking?

Zusätzliches Geld braucht Zypern trotzdem, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen - die Europartner galten bisher aber nicht als erster Ansprechpartner. Dimitris Christofias, der einzige kommunistische Staatschef in der EU, hat bisher mit China und Russland um Kredite verhandelt, und schon im vergangenen Sommer hat Russland Nikosia 2,5 Milliarden Euro geborgt. Diesmal aber steht die Zusage aus. Entsprechend hoch ist daher die Wahrscheinlichkeit, dass der EU-Gipfel Ende dieser Woche auch über Zypern verhandeln muss.

Griechische Regierungsspitze außer Gefecht

Ein EU-Gipfel, der im Vorfeld von düsteren Omen überschattet wird. Denn der neue griechische Premierminister Antonis Samaras kann nicht am Treffen der Staats- und Regierungschefs teilnehmen. Nach einer Augenoperation wurde ihm strikte Bettruhe verordnet. Doch auch der neue Finanzminister Rapanos kommt nicht nach Brüssel. Nach einem Schwächeanfall hat der designierte Finanzminister am Dienstag sein Amt niedergelegt. Nun soll Staatspräsident Papoulias Griechenland auf dem EU-Gipfel vertreten - damit dürfte zumindest die von Premierminister Samaras angekündigte Neuverhandlung der Sparauflagen vorerst vom Tisch sein.