Higgs-Teilchen entdeckt?

Wissenschaftler am europäischen Kernforschungszentrum CERN haben ein neues Elementarteilchen entdeckt, bei dem es sich nach ihren Angaben um das seit langem fieberhaft gesuchte Higgs-Boson handeln könnte. "Es ist ein vorläufiges, aber ein sehr überzeugendes Ergebnis", sagte der CERN-Wissenschaftler Joe Incandela in der Forschungseinrichtung bei Genf.

Mittagsjournal, 4.7.2012

Weltbild wartet auf Bestätigung

Mit Spannung lauschten am Vormittag Physikerinnen und Physiker weltweit Vorträgen am Kernforschungszentrum CERN in Genf, übertragen live im Internet: man erhoffte sich die Antwort auf eines der größten Rätsel der Wissenschaft: gibt es das Higgs-Teilchen oder nicht? Oft auch "Gottesteilchen" genannt. Damit würde sich die wissenschaftliche Theorie bestätigen, auf der die Physik der vergangenen Jahrzehnte basiert, und damit ein Weltbild. Die Antwort auf die Frage dauerte zwei Stunden - zusammengefasst lautet sie: Wahrscheinlich wurde das mysteriöse Teilchen gefunden.

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science.ORF.at Das Higgs-Teilchen-ABC

"I think we have it"

Tosender, minutenlanger Applaus brandet auf nach einem via Internet übertragenen Vortrag am europäischen Kernforschungszentrum CERN nahe Genf. Doch eine klare Antwort - ja oder nein - gibt es nicht, sondern ein "vermutlich". "Ich denke, wir haben es", so fasst es der Direktor des CERN, Rolf Dieter Heuer zusammen.

"Ein neues Teilchen"

Es wurde offenbar ein neues Teilchen beobachtet. Die Wortwahl ist entscheidend: Die Rede ist von einem neuen Teilchen, nicht explizit vom Higgs-Teilchen. Diesem entspreche es vermutlich. Sicher ist man nicht, oder wie es einer der führenden Forscher, Joe Incandela, ausdrückt: "Ein Teilchen bei einer Masse bzw. im Energiebereich von 125 Gigaelektronenvolt wurde beobachte, und zwar mit einer statistischen Signifikanz von fünf Standardabweichungen". Sprich: vermutlich, wahrscheinlich, mal abwarten, was weitere Daten und Analysen ergeben.

Alles erklärendes Modell

Auch wenn das europäische Kernforschungszentrum CERN sich und seine Daten bejubelt - eine Erlösung im Zweifel um das als "Gottesteilchen" bezeichnete und verbissen gesuchte Higgs-Boson sind die heute vorgestellten Daten nicht. Der metaphysische Beiname macht Physik auch für Laien spannend, geht es doch in beiden Fällen um das Warum, um eines alles erklärendes Modell.

Essenzieller Baustein

Das Higgs-Teilchen, benannt nach dem britischen Physiker Peter Higgs, ist ein Puzzlestein, den die Physik seit 50 Jahren sucht - das Teilchen würde das Standard-Modell vervollständigen, jenes Modell, das erklärt, was Materie wirklich ist. Es verleiht allen anderen Teilchen Masse. Die Suche nach so einem essenziellen Baustein rechtfertigt gewissermaßen auch das danach suchende Forschungszentrum - das zum einen in Konkurrenz mit einem vergleichbaren Teilchenbeschleuniger in den USA steht und zum anderen Millionen Jahresbeiträge öffentlicher Gelder von Mitgliedstaaten rechtfertigen muss. Weitere Erfolgsmeldungen, weitere Indizien auf den Spuren des Higgs-Teilchens sind zu erwarten. Die Spannung für die nächste Datenpräsentation in einigen Monaten wurde heute bereits aufgebaut.