Strengere Regeln für Amtsverlust

Der Fall Uwe Scheuch ist nur ein Beispiel. Trotz strafrechtlicher Verfehlungen sehen Politiker oft keinen Grund, ihr Amt abzugeben. Dabei können sie sich auf das Gesetz berufen. Ein automatischer Amtsverlust tritt hierzulande erst ab einer unbedingten Haftstrafe von zwölf Monaten ein, eine Regelung, die für viele zu kurz greift.

Morgenjournal, 14.7.2012

Selten freiwillige Rücktritte

Sieben Monate bedingt und 150.000 Euro Strafe. Drei Monate bedingt und 24.000 Euro Strafe. Sechs Monate bedingt, keine Geldstrafe. Drei Urteile, eine Konsequenz, kein Rücktritt. In dieser Legislaturperiode hat noch kein Politiker von Gesetz wegen sein Amt verloren. Freiwillige Rücktritte passieren selten, darum denkt man im Hohen Haus über eine Verschärfung der geltenden Gesetze nach.

Derzeit verliert ein Politiker erst ab einem Jahr Haft sein Amt. Das sei gegenüber dem Wähler, der Wählerin nicht mehr zu rechtfertigen, sagt der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser: "Wir würden vorschlagen, dass bei jeder unbedingten Haftstrafe jedenfalls der Amtsverlust eintritt und bei allen bedingten Haftstrafen jedenfalls schon ab sechs Monaten." "Wenn Politiker Dreck am Stecken haben, haben sie auch die Konsequenzen zu tragen", pflichtet auch BZÖ-Mandatar Rainer Widmann bei.

Die FPÖ hält das Ganze zwar für Anlassgesetzgebung, denkt aber auch über Verschärfungen nach, sagt Norbert Hofer: "Wir sind offen für die Diskussion. Wir wären zwar dagegen, dass hier aus einem konkreten Anlass heraus etwas getan wird, aber es ist notwendig, hier etwas zu tun." Einig sind sich die drei Oppositionsparteien auch, dass Politiker nicht automatisch bei einer Verurteilung zurücktreten müssen.

Art des Delikts ausschlaggebend

Man müsse zwischen Vorsatz, also dem Willen für eine Straftat und reiner Fahrlässigkeit, unterscheiden, sagt Grün-Mandatar Steinhauser: "Man denke beispielsweise an einen Unfall durch Unvorsicht, wo es zu leichter Körperverletzung kommt, einen Schiunfall beispielsweise. Da glaube ich, wäre der Amtsverlust nicht angemessen. Aber wann immer die Straftat mit der Funktion in Zusammenhang steht, bei Korruption, Amtsmissbrauch, dann ist klar, dass auch bei geringen bedingten Haftstrafen der Verlust der Abgeordnetentätigkeit eintreten soll."

Das Delikt müsse berücksichtigt werden, fordert auch BZÖ-Abgeordneter Widmann. Er fordert hartes Durchgreifen, "auf jeden Fall in jenen Bereichen, wo das Amt krass missbraucht worden ist, gerade auch bei Regierungsfunktionen, wo es um Steuergeld geht, um Aufträge, um Schmiergeld".

Strengere Regeln auch für Beamte

Für die Freiheitlichen ist es wichtig, gleichzeitig mit den Regeln für Politiker auch das Beamtendienstrecht zu verschärfen, sagt Hofer. Denn beide hätten im Rahmen ihrer Tätigkeit Verantwortung für die öffentliche Hand: "Daher muss man beide Dinge auch gemeinsam überlegen."

Vor Einleitung eines Verfahrens kann ein Beamter auch vom Dienst suspendiert werden. Diese Möglichkeit schlägt der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler im aktuellen "format" im Gegenzug auch für Politiker vor.

Gesetz oder Gespür

Das Gesetz ist die eine Sache, eine andere das eigene Gespür dafür, ab wann ein Rücktritt angebracht ist. Ins Visier der Justiz ist jetzt auch BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner geraten, seines Zeichens Fraktionsführer seiner Partei im Korruptions-Untersuchungsausschuss.

Es geht um eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte Werbebroschüre im Kärntner Landtagswahlkampf 2009, deren Design an die Wahlwerbung des BZÖ erinnerte. Am Montag, dem 16. Juli, wird Petzner dazu im Auftrag der Korruptionsstaatsanwaltschaft einvernommen. In der Zeit im Bild 2 vom 13. Juli kündigte Petzner an: Sollte er verurteilt werden, werde er zurücktreten.

Morgenjournal, 14.7.2012

BZÖ-Mandatar Stefan Petzner im Gespräch mit Tarek Leitner in der Zeit im Bild 2 vom 13.7.2012.