EU-Ohrfeige für rumänischen Premier
Brüssel erhöht den Druck auf Rumänien, wo ein heftiger Streit um die Absetzung des Staatspräsidenten entbrannt ist. Der vorab bekannt gewordene Bericht der EU-Kommission über das rumänische Rechtssystem fällt ein vernichtendes Urteil und gefährdet Rumäniens Schengen-Beitritt. Rumäniens Regierung versucht Schadensbegrenzung.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 18.7.2012
Aus Brüssel berichtet Cornelia Primosch.
Gegenteil der EU-Vorgaben
Tarnen und Täuschen - das war bisher Victor Pontas bevorzugte Taktik. So hat der umstrittene rumänische Premierminister in Brüssel beteuert, unverzüglich zu handeln, sollte die EU-Kommission die jüngste Gesetzgebung in Bukarest beanstanden. Und die EU-Kommission hat beanstandet: Sie verlangte, dass zwei Eilverordnungen gestrichen werden, wodurch das Verfassungsgericht geschwächt und die Regeln für das Abwahlreferendum von Pontas Rivalen Staatspräsident Basescu gelockert werden. Anstatt sich der Vorgabe aus Brüssel zu beugen, tat Victor Ponta - zurück in Bukarest - aber genau das Gegenteil. Seine Abgeordneten forderten, dass die beim Referendum vorgesehene Mindestbeteiligung von 50 Prozent der Wahlberechtigten gestrichen werden sollte, der von ihm eingesetzte Übergangspräsident kritisierte die Einmischung der EU-Kommission.
Schallende Ohrfeige
Tarnen und Täuschen also - das kann Brüssel auch. So ist gestern Nachmittag plötzlich der geheime Fortschrittsbericht über das rumänische Justizsystem an die Öffentlichkeit geraten - wohl kaum durch Zufall. Denn dieser Fortschrittsbericht, der als Grundlage für den ersehnten Schengen-Beitritt Rumäniens gilt, ist eine schallende Ohrfeige für Victor Ponta: Ja, es gebe hier und da Verbesserungen im Justizsystem und in der Korruptionsbekämpfung, aber die aktuellen Entwicklungen ließen daran mehr als zweifeln, dass in Rumänien der Rechtsstaat gilt. Zitat: "Das Anfechten von juristischen Entscheidungen durch die Politik, die Aushebelung des Verfassungsgerichts, das Außerkraftsetzen etablierter Verfahrensweisen und die Ausschaltung wichtiger Elemente der Gewaltenteilung haben infragegestellt, ob sich die Regierung zur Rechtsstaatlichkeit und unabhängiger juristischer Überprüfung bekennt."
Endgültige Entscheidung erst heute
Wildwest-Methoden also, nicht kompatibel mit europäischen Rechtsnormen. Das hat gesessen, denn Victor Ponta kurz nach Auftauchen des Berichts Kommissionspräsident Barroso angerufen und wenig später auch schriftlich beteuert, sämtliche Punkte umzusetzen. Die EU-Kommission wird erst heute über den endgültigen Fortschrittsbericht entscheiden. Die Zusicherungen des Premierministers werden darin einfließen und die Kritik abmildern. Doch nach all den Manövern von Victor Ponta wird die oberste Brüsseler Behörde wohl vorsichtig sein und Rumänien keinen Persilschein ausstellen.
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