Prozessauftakt gegen Pussy Riot

Begleitet von einem Großaufgebot der Polizei hat in Moskau der Prozess gegen drei kremlkritische Musikerinnen wegen eines spektakulären Protestgebets gegen Präsident Wladimir Putin begonnen. Menschenrechtler kritisieren den Prozess als politisch motivierten Schauprozess.

Mittagsjournal, 30.7.2012

Carola Schneider aus dem Gerichtssaal in Moskau im Gespräch mit Eva-Maria Fohn

Sieben Jahre Haft drohen

Der Prozess findet in einem kleinen Verhandlungssaal statt, ähnlich dem österreichischer Bezirksgerichte. Die drei Angeklagten sitzen wie bei russischen Prozessen üblich, in einem Glaskäfig - abgefilmt und fotografiert von unzähligen Journalisten. Sie selbst wirken sehr ruhig, gelassen, stolz und ungebrochen. Man hat den Eindruck, dass sie sehr genau wissen, dass das kein gerechter Prozess ist und mit einem sehr harten Urteil rechnen müssen. Sieben Jahre Haft drohen für einen einminütigen Auftritt in einer Kirche, bei dem nichts gestohlen, niemand verletzt wurde und niemand zu Schaden gekommen ist. "Kleines Rowdytum" wäre das normalerweise in Russland, dafür bekommt man 14 Tage Haft. Es sieht aus nach einem Schauprozess wie zuletzt gegen den Ex-Oligarchen und Putin-Gegner Michail Chodorkowsky.

Putins Einschüchterungsstrategie

Der Prozess insgesamt ist äußerst politisch, es wurden eine Reihe von Prozessregeln gebrochen. Die Anwälte hatten zu wenig Zeit zur Vorbereitung. Die angeklagten Mädchen hatten keine Gelegenheit für vertrauliche Gespräche. Es wirkt als ob es Putin persönlich ist, der hier die Fäden zieht. Putin will wohl ein Exempel statuieren: Wer an seiner Autorität rüttelt oder an der Autorität der orthodoxen Kirche, der wird hart bestraft. Mit diesem Prozess soll das klargestellt werden, ebenso wie mit der Verschärfung zahlreicher anderer Bestimmungen, die gegen die Opposition und die anhaltenden Proteste der Bevölkerung gerichtet sind.