WIFO-Experte warnt vor getrennter Lohnrunde
Die Forderung der Arbeitgeber, die Lohnverhandlungen im Herbst nicht für die gesamte Metallbranche gemeinsam zu verhandeln, sondern nach Bereichen getrennt, könnte auch nach hinten losgehen, warnt der Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Markus Scheiblecker, im Ö1-Interview.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.8.2012
WIFO-Experte Markus Scheiblecker im Gespräch mit Christian Williwald
Service
WIFO Seite von Markus Scheiblecker
Keine Garantie für niedrigere Abschlüsse
Mit dem bisherigen System sei Österreich in den letzten Jahren und Jahrzehnten gut gefahren, sagt Scheiblecker. "Da wurden zuerst Abschlüsse im exportorientierten Sektor gemacht. Da konnte man auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit Bedacht nehmen, auf das Wirtschaftswachstum generell. Dieser Abschluss hatte dann in der Regel Signalwirkung für die nachfolgenden." Das neue System erscheine vielleicht aus unternehmerischer Sicht gerechtfertigt, sei aber keine Garantie für niedrigere Abschlüsse, es könnte sogar das Gegenteil der Fall sein, warnt der WIFO-Experte.
Gewerkschaften unter Konkurrenzdruck
Bei getrennten Verhandlungen erwartet Scheiblecker eine geänderte Strategie der Gewerkschaft: "Sie würden zuerst jene Bereiche, wo die höchsten Abschlüsse zu erwarten sind, in die Schlacht schicken. Deren Abschlüsse wären besser als in der Vergangenheit, weil sie ja nur für ihre Branche verhandeln, die momentan besser da steht." Das würde die anderen Gewerkschaften unter Konkurrenzdruck bringen und den "Frieden" in der Arbeitnehmerschaft und die geringe Streikquote gefährden, so Scheiblecker.
Kein Streik
Dass durch das neue System der Widerstand der Gewerkschaft gegen Flexibilisierung der Arbeitszeiten schwächer wird, glaubt der WIFO-Experte nicht. Die Macht der Gewerkschaft sei allerdings im letzten Jahrzehnt zurückgegangen. Einen "präventiven Streik" erwartet Scheiblecker aber nicht.