Manfred Wakolbinger bei Zeit Kunst Niederösterreich
Eine neue Landesgalerie für zeitgenössische Kunst wird diesen Sommer in Niederösterreich eingeweiht. Sie befindet sich in der Dominikanerkirche in Krems und wurde Anfang Juni mit der Schau "Up From The Skies" eröffnet. Zu sehen sind Skulpturen, Filme und Fotografien von Manfred Wakolbinger.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 21.8.2012
So ein alter Sakralbau macht gewaltigen Eindruck. Mit einer Höhe von 20 Metern bei einer Breite von nur 8 Metern scheint der Chor den Kirchenbesucher fast hinaufzuziehen zu einer rasenden Himmelsfahrt. Dieser Raum macht einem die eigene Erdenschwere bewusst. Und die Stellung, die man in der Welt hat - vom kirchlichen Standpunkt aus. Eine Herausforderung für Manfred Wakolbinger.
Manfred Wakolbinger hat die Einladung des Raumes zur Flugübung angenommen und lässt die Flugbahnen seiner Göttervögel bis an die Decke durch die Luft schwingen. Es sind Aluminiumschläuche, die diese Flugbahnen skizzieren. Aber bitte, was sind "Göttervögel"? Sie stammen aus einem alten indischen Mythos, der besagt, dass die Göttervögel zwischen Erde und Sonne leben und bei ihrer Paarung immer höher steigen. Manchmal, wenn das Wetter schlecht ist, fallen die Eier einfach zur Erde. Was da ausschlüpft, versucht zwar immer zu fliegen, es gelingt aber nicht. Das einzige, was diesen Wesen möglich ist, auf langen Beinen durch die Welt zu staksen.
Besucher aus einer anderen Welt
Es sind langbeinige Figuren, Besucher aus einer anderen Welt, die da - aus glänzendem Kupfer gefertigt - durch den Kirchenraum wandern. Bildhauerisch gesehen, sind diese langen Beine klassische Sockelformen, mit denen sich Manfred Wakolbinger schon seit den 1970er Jahren auseinandersetzt und die sich inzwischen etwas verselbständigt haben. Die Frage war immer: Heute kann man Skulpturen nicht mehr wie Reiterstandbilder auf Sockel stellen, aber wie platziert man sie dann?
Kupfer ist ein sehr sinnliches Material, an dem Manfred Wakolbinger vor allem die langsam entstehende Patina beeindruckt. Aus Kupfer sind auch die geschwungenen großen Skulpturen, die von der Decke des Kirchenraumes hängen. Dazwischen stehen weitere wellenartige Skulpturen, die in ihre Sockel sozusagen hineingerutscht sind - zum Glück sind die Sockel aus Glas, sodass man die warm schimmernden Skulpturen in ihrer ganzen Pracht sehen kann. Ohne den Glassockel könnten diese Skulpturen nicht stehen. Was Wakolbinger fasziniert: dass das glatte Glas, das eigentlich von der Materie her zähflüssig ist, die wellenförmigen Körper hält, die eigentlich fest sind.
Igendwo in der Kirche stößt man auf einen dunklen Kubus, in dem ein Film läuft: "Galaxies" heißt er und präsentiert eine Entdeckung, die Manfred Wakolbinger beim Tauchen in Indonesien gemacht hat. Dort ist er in der gespenstischen Tiefe von 400 Metern auf Salpen gestoßen, die mit Feuerwalzen verwandt sind und in ihrer schleimigen Transparenz große Ähnlichkeit mit Menschen im Embryonalstadium haben. Die Salpen teilen sich und nehmen unglaubliche Formen an, die an zeitgenössische Architektur erinnern.
Aus allen Himmeln fallend
Der der Ausstellung den Titel gebende Song von Jimi Hendrix "Up from the Skies" bedeutet übersetzt so viel wie "herauf von den Himmeln". Jimi Hendrix, der ausgebildeter Fallschirmspringer war, erzählt darin, wie er als Alien-artige Erscheinung zu Besuch auf die Erde kommt um nachzusehen, ob es stimmt, dass die Menschen hier in Häusern wohnen, die an Legebatterien erinnern.
Mit dieser Ausstellung, die sowohl die Schwerelosigkeit wie auch die Macht der Erdenschwere thematisiert, ist der neue Ausstellungsraum der NÖ Landesgalerie auf grandiose Weise eingeweiht. Weitere Künstler und Künstlerinnen mit Niederösterreich-Bezug und überregionaler Bedeutung werden folgen.