Fußfessel: Gesetzesverschärfung angedacht

Das Justizministerium überlegt nun Gesetzesänderungen, was die Genehmigung von Fußfesseln für Sexualstraftäter betrifft. Der Anlassfall: Ein wegen Vergewaltigung Verurteilter soll statt Haft nur mit Fußfessel und erweitertem Hausarrest davon kommen.

Mittagsjournal, 23.8.2012

Generalprävention bei Sexualdelikten umstritten

Wir prüfen, heißt es aus dem Justizministerium. Spätestens morgen könnte Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) bekannt geben, ob Gesetzesänderungen angedacht werden. Die generell skeptische Haltung zur Fußfessel für Sexualstraftäter lässt Justiz-Abteilungsleiter Friedrich König aber schon jetzt durchklingen: "Für Sexualstraftäter wird es, wenn überhaupt, nur in Einzelfällen in Betracht kommen und da mit sehr strenge Auflagen und sicherlich nur im unteren Bereich der Kriminalität."

Geprüft wird nun erstens, ob künftig die Generalprävention, also die Frage der allgemein abschreckenden Wirkung einer Strafe, bei Fußfessel-Entscheidungen eine Rolle spielen soll. Nein, findet der Innsbrucker Strafrechtsprofessor und Sexualstrafrechtsexperte Klaus Schwaighofer. Ob durch Strafen überhaupt eine Generalprävention möglich ist, sei international umstritten: "Kein Täter überlegt sich vor der Tatbegehung: 'Wie lange muss ich dafür ins Gefängnis? Bei zwei Jahre mach ich's noch, bei drei Jahren mach ich's nicht mehr.' Das ist reine Illusion und das gilt ganz besonders bei Sexualstraftaten, die Triebtaten sind."

Vorschlag: Opfer über Fußfessel befragen

Relevant seien zweifellos Überlegungen, wie groß die Gefahr sei, erwischt zu werden, aber nicht wie lange man ins Gefängnis müsse: "Das zeigen jede Menge Untersuchungen im internationalen Bereich und auch in Österreich. Dass ein Sexualstraftäter Überlegungen anstellt, mit einer Fußfessel davon zu kommen und deswegen ein Sexualdelikt zu begehen, das zu glauben, ist aus meiner Sicht gerade absurd", meint Schwaighofer.

Aber der Experte könnte sich vorstellen, dass die Opfer künftig gefragt werden, ob ein Sexualstraftäter eine Fußfessel bekommen soll: "Die Haushaltsangehörigen müssen ohnehin zustimmen, damit ein Straftäter die Fußfessel bekommt. Wenn also ein Opfer Haushaltsangehörige ist und die Fußfessel nicht wünscht, scheidet das ohnehin aus."

Experte: "Dunkelziffer darf vor Gericht nicht zählen"

Einen in der öffentlichen Meinung offenbar bestehenden Eindruck, wollen die Experten König und Schwaighofer nicht bestätigen, nämlich dass Sexualstraftäter oft mit milderen Strafen davonkämen als etwa Einbrecher oder Räuber. Das liege wohl nur daran, dass es bei Eigentumsdelikten oft Wiederholungstäter gebe, die gleich Serieneinbrüche begangen haben, was straferschwerend wirke, sagt Schwaighofer.

Dass man bei Sexualstraftätern oft nicht wisse, ob sie nicht auch andere Opfer missbraucht oder vergewaltigt haben, dürfe für die Gerichte keine Rolle spielen, meint Schwaighofer, vor Gericht dürften nur Fakten zählen und nicht die Dunkelziffer bei Sexualstraftaten.