Plasser: ÖVP "bejammernswert"
Während die ÖVP-Spitze der Volkspartei bemüht ist, den Eindruck der Harmonie zu bewahren, zeichnen Kenner der Volkspartei ein verheerendes Bild: "Der Zustand der ÖVP ist bejammernswert", sagt der Politologe Fritz Plasser im Ö1-Interview. Dass sich Michael Spindelegger als Parteichef hält, steht für Plasser bei 50:50.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.8.2012
Der Politologe Fritz Plasser im Gespräch mit Monika Feldner-Zimmermann
"Intern völlig uneinig"
Die Volkspartei schaffe es nicht, Tritt zu fassen und sich thematisch zu positionieren, sagt Plasser. Auch mit Blick auf den beginnenden politischen Herbst sei die ÖVP intern völlig uneinig. All das erwecke einen Eindruck, den er als "deplorabel" (beklagenswert) bezeichne, meint der Politologe.
Die letzten Tage zeigten, dass die ÖVP vor dem Rückfall in eine "sehr fragwürdige und selbstbeschädigende Tradition" stehe, nämlich in die harten Obmanndebatten der 80er- und 90er-Jahre. Diese Debatten, die in einer "unglaublich unerbittlichen und verletzenden Weise "geführt worden seien, hätten immer desaströse Folgen gehabt.
Diese Entwicklung könnte in der Folge dazu führen, dass die ÖVP bei der Nationalratswahl unter die 20-Prozent-Marke fällt "und nicht einmal mehr Koalitionsgewicht hätte", dass sich also mit der ÖVP keine große Koalition ausgehen könnte.
Parteichef auf Abruf
Besonders schlecht kommt bei Plasser Parteichef Spindelegger weg: Der erwecke derzeit den Eindruck eines "Parteiobmanns auf Abruf". Spindelegger sei durch den Vorstoß der Landesparteichefs für eine Wehrpflicht-Volksbefragung geschwächt worden. Sollte er tatsächlich eine Änderung des Regierungsteams angedacht haben und am Einspruch der Bünde gescheitert sein, dann sei das eine weitere Autoritätsschwächung. Plasser empfielht Spindelegger, am besten noch nächste Woche einen Parteitag einzuberufen oder zumindest in einem größeren Kreis "demonstrativ" die Vertrauensfrage zu stellen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Spindelegger im Amt bleibt, gibt Plasser mit 50 Prozent an. Und sollte er 2013 noch dieses Amt haben, dann gehe er davon aus, dass er auch als Spitzenkandidat zur Wahl antrete.