Fußfessel-Debatte: Neues Gesetz rasch möglich

Die Politik kann sehr leicht verhindern, dass Sexualstraftäter künftig eine elektronische Fußfessel bekommen - das sagt der Verfassungsexperte und Dekan der Juristischen Universität in Wien, Heinz Mayer. Wenn es die Regierung wirklich will, dann müsste sie dafür nur ein Gesetz in Verfassungsrang vorlegen.

Morgenjournal, 4.9.2012

Verfassungsgesetz als Lösung?

Fußfessel statt Gefängnis. Dass von dieser Form der Haftverschonung im Moment auch fünf Sexualtäter profitieren, hat zuletzt nicht nur zu einem Aufschrei der Opfer geführt, sondern auch die Politik auf den Plan gerufen: Justizministerin Beatrix Karl von der ÖVP hat für den Herbst Verschärfungen angekündigt, ob Sexualstraftäter von der Fußfessel-Vergabe generell ausgenommen werden können, hat sie aber aus Verfassungsgründen bezweifelt. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist sich zwar sicher, dass Sexualstraftäter nie wieder mit Fußfessel von der Haft verschont werden soll, aber auch sie sagt aber, ein verfassungskonformer Weg dafür müsse erst gefunden werden. Verfassungsjurist Heinz Mayer erklärt, wie einfach es wäre und erklärt, dass das mit einer Verfassungsbestimmung möglich wäre. Mit einem einfachen Gesetz wäre es problematisch, weil Sexualstraftäter eine sehr große Bandbreite hätten.

Die reicht von brutalen Vergewaltigern, die nachts in fremde Häuser eindringen bis hin zum Täter, der gerade die Grenze zur sexuellen Belästigung überschreitet und mit einer viel geringeren Strafe zu rechnen hat. Wegen dieser großen Bandbreite können Sexualstraftäter mit einem einfachen Gesetz nicht generell von der fußfesselvergabe ausgeschlossen werden, das widerspräche der Verfassung, so der Experte. Dieses Problem könnte die Regierung aber eben leicht umgehen, indem sie die Verfassung um diesen Punkt erweitert, also ein Verfassungsgesetz vorlegt, so der Experte.

Mit politischem Willen machbar

Mayer meint, dass bei einer verfassungsgesetzlichen Regelung allerdings noch die Frage bliebe, ob das mit der Menschenrechtskonvention in Einklang stehe. Er geht davon aus, dass der europäische Gerichtshof für Menschenrechte wahrscheinlich keinen Anstoß finden würde, wenn der Verfassungsgesetzgeber eine solche Regelung trifft. Dass mit einem Verfassungsgesetz alle Sexualstraftäter von der Fußfessel ausgeschlossen werden könntet, begründet der Experte damit, dass ein Verfassungsgesetz natürlich auch den Gleichheitssatz einschränken könne. Da wäre dann nur mehr europäisches Recht der Maßstab. Und da sagt Mayer, dass es praktisch keine Probleme gäbe. Wenn der politische Wille wirklich da ist, könnte die Fußfessel für Sexualstraftäter also sehr schnell der Vergangenheit angehören – immerhin hat die Politik in Österreich in der Vergangenheit schon ganz andere Bereiche in Verfassungsrang gehoben, wie etwa die Vergabe von Taxikonzessionen.