Sommergespräch mit Kanzler Faymann

Zum Abschluss der ORF-Sommergespräche war gestern Abend Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) Gast von Armin Wolf. Was die Themen betrifft, konnte Faymann ahnen, was auf ihn zukommt. Er war mit Unterlagen ausgestattet, zum Beispiel zur Inseraten-Affäre. Und er hat erklärt, dass er vor dem U-Ausschuss aussagen würde, so er geladen werde.

Morgenjournal, 11.9.2012

Die Jahre nach der Matura

Die Sommergespräche 2012 – angelegt von Interviewer Armin Wolf auch als Sendung, in der man persönliches über den jeweiligen Gast erfährt. Gleich zu Anfang will Wolf wissen, warum denn über Werner Faymanns sieben Jahre nach der Matura in den Lebensläufen gar so ein Geheimnis gemacht würde. Faymann sagt, er sei unter anderem bei der sozialistischen Jugend gewesen, habe einzelne Vorlesungen an der Universität besucht, sich aber nie mit Titeln geschmückt. Faymann meint dazu: "Die FPÖ versucht überall etwas hineinzugeheimnissen. Machen wir ihnen nicht die Freude und machen da mit. Sagen wir es, wie es ist: Es ist eine Zeit, in der ich sehr viel Jugendarbeit gemacht habe."

Inseraten-Affäre "kompletter Unsinn"

In der Inseraten-Affäre ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob Faymann die ÖBB und die ASFINAG rechtswidrig zu Inseraten zu seinem höheren persönlichen Ruhm verleitet hat. Eine Anklage wäre kompletter Unsinn, sagt Faymann, das werde eingestellt werden, infolgedessen steht für ihn auch nicht zur Debatte, ob er im Fall einer Anklage zurücktreten werde. Der Kanzler betont: "Ich habe es nicht notwendig, auf eine Anklage, die es nicht gibt, die kompletter Unsinn ist, wo es auch überhaupt keine Anzeichen dafür gibt, auch nur in der geringsten Art und Weise Stellung zu nehmen."
Er selbst wäre bereit zum Untersuchungsausschuss zu kommen, versichert Faymann, werde aber den Abgeordneten nicht vorschreiben, wen sie einzuladen hätten – auch denen seiner eigenen Partei nicht. Der Kanzler will den Abgeordneten keine Ratschläge erteilen, weil er denkt, dass gerade solche Ratschläge einem Regierungschef vorgeworfen werden könnten.

Weiter gegen Studiengebühren

Salzburgs SP-Chefin Gabi Burgstaller plant einen Parteitagsantrag für Studiengebühren. Mit Faymanns Stimme braucht sie nicht rechnen. Auch wenn er die Diskussion für richtig und wichtig hält, werde er seine Meinung da nicht ändern. Je nachdem, wie sich die Modelle entwickeln, je nach Diskussionsstand werde er dazu Stellung nehmen.

Kosten des Euro-Rettungsschirms

Warum gibt keine Volksabstimmung zum Euro-Rettungsschirm gibt, obwohl doch Faymann 2008 dem damaligen Kronenzeitungs-Herausgeber Hans Dichand diese bei EU-Vertragsänderungen, die die Interessen Österreichs berühren, versprochen hatte, begründet Faymanns so: "Das war eine wesentliche Entscheidung, aber es war keine wesentliche Vertragsänderung. Und diese wesentliche Entscheidung war notwendig." Was die möglichen Risiken betrifft, räumt der Bundeskanzler ein, dass der Euro-Rettungsschirm Österreich sogar mehr als die bisher diskutierten 20 Milliarden kosten könne. "Es können sowohl im Euro-Rettungsschirm als auch in den Maßnahmen, die rund um den Euro-Rettungsschirm angeordnet sind, wie die unabhängige Europäische Zentralbank, wesentlich höhere Beträge eingesetzt werden. Die Europäische Zentralbank hat beschlossen, kein Limit zu vereinbaren. Es kann, und davon bin ich überzeugt, Österreich am allermeisten kosten, wenn der Euro zusammenbricht, sich die Arbeitslosigkeit vervielfacht und die Wirtschaft – wir sind eine Exportwirtschaft – in eine tiefe Rezession kommt", erklärt Faymann seine Überlegungen.

Frank Stronach – ein möglicher Regierungspartner nach der nächsten Wahl? SP-Chef Faymann sagt nicht Ja und nicht Nein, sondern meint ausweichend: "In aller Gelassenheit lassen wir das einmal auf uns herankommen, ob er überhaupt bei der Nationalratswahl kandidiert. Und dann kommt eine ganz wesentliche Frage: Wie entscheiden die Wählerinnen und Wähler?"