Opposition gegen verschärftes Wahlrecht
In Ungarn ist der ehemalige Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány in den Hungerstreik getreten. Er protestiert gegen eine geplante Wahlrechtsreform der nationalkonservativen Alleinregierung unter Ministerpräsident Orbán. Die Opposition sieht in der Reform eine einseitige Begünstigung der Regierungspartei Fidesz. Die Reform sieht ua. vor, dass sich vor der nächsten Parlamentswahl in zwei Jahren alle Wahlberechtigten zur Wahl anmelden müssen, andernfalls verlieren sie ihr Wahlrecht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 11.9.2012
ORban-Partei zementiert Macht
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán überlässt nichts dem Zufall, um auch nach der nächsten Parlamentswahl im Frühjahr 2014 wieder mit einer Zweidrittel-Mehrheit als Sieger hervorgehen zu können. Daher lässt Orbán jetzt das Wahlrecht ändern, und zwar dahingehend, dass seine Partei, die nationalkonservative Bürgerunion Fidesz maximal profitiert. Beispielsweise sollen die Grenzen von traditionell sozialistisch dominierten Wahlbezirken so verändert werden, dass künftig eine Mehrheit für die Orbán-Partei Fidesz leichter möglich ist.
Und alle wahlberechtigten Ungarinnen und Ungarn müssen sich für die kommende Parlamentswahl extra anmelden gehen. Wer sich nicht vorher angemeldet hat, darf auch nicht wählen. Unklar ist noch, ob die angemeldeten Wählerinnen und Wähler bestraft werden, wenn sie dann doch nicht zur Stimmabgabe in den Wahllokalen erscheinen.
Für den ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyrcsány ist diese Pflichtanmeldung der erste Schritt hin zur Abschaffung der Demokratie. Gyurcsány ist daher in einen sieben tägigen Hungerstreik getreten, um seine Landsleute aufzurütteln. Er campiert medienwirksam vor dem Parlament und sagt: „wenn wir zulassen, dass Orbán das Wahlsystem derart verändert, dann werden wir diese Regierung nicht verjagen können, die uns das Land kaputt gemacht hat“.
Bisher hat es in Ungarn ein Mischsystem zwischen einem Verhältniswahlrecht, wie in Österreich und einem Mehrheitswahlrecht wie in Großbritannien gegeben. Auch das wird sich ändern. Künftig soll nur noch ein Mehrheitswahlrecht gelten, das heißt, der Stimmenstärkste eines Wahlkreises zieht ins Parlament ein, die Stimmen des zweit- oder drittstärksten gehen verloren.
Parlament halbiert
Dieses Wahlrecht begünstigt Großparteien und benachteiligt alle kleinen. Laut Ferenc Gyurcsány ist das beabsichtigt: „Orbàn möchte an der Macht bleiben, auch dann, wenn er weniger unterstützt wird, als die Opposition. Und er will Regeln schaffen, die einen Zusammenschluss der Oppositionsparteien verhindern. Er will vielen zersplitterten Kleinparteien gegenüber stehen, die gegen Orbán nur verlieren können, damit er an der Macht bleibt“.
Reduziert wird auch die Zahl der Abgeordneten im Parlament und zwar um fast die Hälfte, von derzeit 386 auf 199. Die renommierte, linksliberale Tageszeitung Népszabadság will errechnet haben, dass Viktor Orbáns Fidesz heute nicht eine Zweidrittel-, sondern eine Vierfünftel-Mehrheit hätte, wenn dieses Wahlrecht schon bei den letzten Wahlen vor zwei Jahren gegolten hätte.