Geschichte der Kaufhäuser
1902 - Damenspende am kaufmännischen Ball
"Leporellos" neue Serie führt heute zurück ins Jahr 1902 und der Gegenstand, der heute "zum Greifen nah" ist, ist eine Damenspende, die damals auf dem kaufmännischen Ball in den Wiener Sofiensälen verteilt wurde.
27. April 2017, 15:40
Die zehn Zentimeter hohe Plastik war nicht zufällig die Miniaturnachbildung eines Geschäftslokals mit großem Schaufenster, erzählt Susanne Breuss vom Wien Museum. Die neue Konsumkultur brachte eine neue Architektur hervor und veränderte damit maßgeblich das Aussehen der Städte. In Paris und London entstanden die ersten Warenhäuser wie Printemps, La Samaritaine und Harrods schon Mitte des 19. Jahrhunderts, Wien zog erst später nach.
Der Kleiderkönig von Wien
Der belgische Unternehmer Stefan Esders ließ auf der Mariahilferstraße sein Bekleidungshaus "Zur großen Fabrik" errichten und wurde damit schon bald zum "Kleiderkönig von Wien". Auf Schaufensterpuppen aus Papiermaché oder Wachs präsentierte sich die neueste Mode. 120 Verkäufer berieten überaus ambitioniert ihre Kunden und Kundinnen, weil Esders damals als erster ein System der Gewinnbeteiligung für seine Angestellten eingeführt hatte. Zum größten Warenhaus Wiens und in Folge zum größten Kaufhaus der Monarchie entwickelte sich aber der "Gerngross". Das neue fünfstöckige Warenhaus entstand zwischen 1902 und 1904 als moderne Betonträgerkonstruktion.
Wo früher mit Geschäftsschluss die Rollläden heruntergelassen wurden und Gaslaternen für das Licht auf den Straßen sorgten, veränderten jetzt elektrisch beleuchtete Schaufenster das nächtliche Erscheinungsbild der Städte. Die Waren erstrahlten dort jetzt rund um die Uhr in ihrem besten Licht. Der deutsche Soziologe Georg Simmel, der mit seinem 1903 erschienenen Aufsatz "Die Großstädte und das Geistesleben" zum Begründer der Stadtsoziologie wurde, machte damals auf dieses Phänomen aufmerksam.
Beginn der Shopping-Touren
Durch die industrielle Produktion vervielfachte sich die Gütermenge nicht nur, die angebotene Produktpalette wurde auch immer ausdifferenzierter. Laufend kamen neue, bisher unbekannte Waren auf den Markt und meist gab es kurze Zeit später zahlreiche Konkurrenzprodukte. Man ging jetzt nicht mehr gezielt einkaufen, sondern informierte sich auf Shopping-Touren über das jeden Tag neue Warenangebot.
Geschäftsportale und Warenhausfassaden aus der Zeit der Jahrhundertwende lassen sich heute nur mehr wenige finden. Die Buchhandlung Manz auf dem Kohlmarkt und ein erhalten gebliebenes Fassadenteilstück des ehemaligen Herzmansky in der Stiftgasse sind zwei letzte schöne Beispiele.
Service
Wien Museum
Wikipedia - Warenhaus Esders