Venezuela: Spannung vor der Wahl

Venezuelas Präsident Hugo Chavez hat seit 14 Jahren die linksnationale Bewegung in Lateinamerika geprägt. Der populistische Revolutionär ist im In- wie im Ausland umstritten. Im vergangenen Jahr musste er sich in Kuba einer langwierigen Krebsbehandlung unterziehen. Morgen will er sich erneut zum Präsidenten wählen lassen. Obwohl ihm die Umfragen eine weitere Amtszeit voraussagen, ist der Ausgang der Wahl nicht klar. Hugo Chavez hat erstmals einen ernstzunehmenden Herausforderer.

Morgenjournal, 6.10.2012

Chavez will bis 2019 regieren

Kurz vor der Präsidentschaftswahl haben Staatschef Hugo Chavez und sein wichtigster Herausforderer Henrique Capriles Radonski noch einmal ihre Anhänger mobilisiert. Chavez muss am Sonntag erstmals um seine Wiederwahl zittern. In den aktuellsten Umfragen liegt der seit 14 Jahren amtierende Linkspopulist zwar noch rund zehn Prozentpunkte vor Capriles, doch dieser Abstand hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verringert.

Ein Grund dafür könnte Chavez' Krebserkrankung sein. 2011 und 2012 musste er sich Operationen unterziehen und deshalb seine Wahlkampfauftritte einschränken. Er bezeichnet sich als vollständig geheilt und erklärte immer wieder, er könne sein Land noch mindestens bis 2019 regieren. Dann wäre er zwei Jahrzehnte an der Macht.

Capriles positioniert sich mitte-links

Hugo Chavez setzt auf seine Popularität bei der ärmeren Bevölkerung, die er im Laufe der Jahre mit seinen Sozialprogrammen gefestigt hat. Dass Venezuela mit einer der höchsten Inflationsraten der Welt von 27,6 Prozent zu kämpfen hat, fällt nicht weiter auf, denn der Staat besitzt Öl und die Einnahmen sprudeln. Aber Chavez unterstützt mit den Petro-Dollars andere Länder, allen voran das verbündete Kuba.

Henrique Capriles will zwanzig Jahre Chavez unbedingt verhindern. Er verweist im Wahlkampf darauf, dass die Staatsschulden unter Chavez von 33 Milliarden Dollar im Jahr 1999 auf 150 Milliarden Dollar in diesem Jahr gestiegen seien. Capriles positioniert sich als mitte-links und ist der Spitzenkandidat eines Zusammenschlusses von dreißig Oppositionsparteien, dem Bündnis Tisch der Demokratischen Einheit. Er wolle ein Präsident für alle sein. In seiner bisherigen politischen Laufbahn war er unter anderem Gouverneur des Bundesstaates Miranda.

Entscheiden müssen das Rennen am Sonntag 18,9 Millionen wahlberechtigte Venezolaner, die in fast 14.000 Wahlzentren im ganzen Land an den Wahlautomaten ihren nächsten Präsidenten für die Zeit von 2013 bis 2019 bestimmen.