Parlamentswahl Ukraine: Kandidat Klitschko

Boxweltmeister Vitali Klitschko wirbelt derzeit die politische Landschaft in der Ukraine gehörig auf. Am Sonntag tritt Klitschko bei der Parlamentswahl an. Der Sportler liegt in Umfragen auf Platz zwei hinter der Partei von Präsident Viktor Janukowitsch.

Morgenjournal, 25.10.2012

Aus Kiew,

Am Sonntag wählt die Ukraine ein neues Parlament. Dabei stehen sich mit der Präsidentenpartei von Staatschef Viktor Janukowitsch und einem Oppositions-Bündnis um die inhaftierte ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko alte Gegner gegenüber. Der Wahlkampf vermag die Bevölkerung kaum mitzureißen, sie hat nach dem Scheitern der Orangen Revolution, die vor acht Jahren kurzfristig Demokratie brachte, das Vertrauen in die Politik verloren. Nur einem gelingt es derzeit, die politische Landschaft gehörig aufzuwirbeln: Boxweltmeister Vitali Klitschko. Der weltbekannte Sportler, der in seiner Heimat wie ein Held gefeiert wird, tritt zum ersten Mal bei Parlamentswahlen an, an der Spitze einer Oppositionspartei, die - wohl nicht ganz zufällig - "Schlag" heißt. Und die auf großes Echo stößt: In manchen Umfragen liegt Klitschko mit seinen Anhängern auf Platz zwei hinter der Präsidentenpartei.

Auf Tour

"Vitali, Vitali" rufen die Anhänger des Boxweltmeisters, der wie ein Popstar auf die Wahlkampf-Bühne tritt: "ich und wir wollen mit ganz normalen Werten leben, es sind jene, die auf der ganzen Welt gültig sind", ruft Vitali Klitschko seinen Fans in einer westukrainischen Provinzstadt zu. Unermüdlich tourt der Schwergewichtsboxer durch das Land, rührt die Wahlwerbetrommel für seine Oppositionspartei "Udar", das bedeutet auf Deutsch soviel wie "Schlag". Einen solchen will Klitschko der Regierungspartei versetzen und der grassierenden Korruption im Land: "Die Regierungspartei hat gezeigt, dass sie nicht die Interessen der Gesellschaft vertritt, erklärt Klitschko, sondern nur die Interessen von Finanz- und Wirtschaftsgruppen, sowie jene des Präsidenten. Die Behörden behaupten nur, dass sie die Korruption bekämpfen, aber das ist so, wie wenn Bienen sagen, sie seien gegen Honig."

Freilassung Timoschenkos

Klitschko verspricht im Wahlkampf auch, dass er die Ukraine zu einem demokratischen, europäischen Land machen werde: "Man kann nicht über eine Annäherung an Europa sprechen, über Demokratie, solange Oppositionsführer im Gefängnis landen."

Klitschko verlangt die Freilassung der ehemaligen Oppositionsführerin Julia Timoschenko, die nach einem umstrittenen Politprozess im Gefängnis sitzt. Ein Wahlbündnis mit ihrer Opposition lehnt Klitschko aber ab: er weiß, dass viele Ukrainer von Timoschenko ebenso enttäuscht sind wie von der Regierungspartei. Während Klitschko selbst für viele längst eine neue Heldenfigur geworden sei, erklärt der Kiewer Politologe Andreas Umland: Eines Tages könne Klitschko vielleicht sogar ukrainischer Regierungschef oder Präsident werden prognostiziert Umland, doch erst, wenn sich der Profiboxer vollständig auf die Politik konzentriere. Klitschko will schon jetzt nach der Macht greifen, zumindest im Parlament. Sein Ziel: gemeinsam mit anderen Oppositionsparteien die Mehrheit der Mandate zu erreichen. Ein zäher Kampf, auch für einen Boxweltmeister im Schwergewicht.