Weitere Privatisierungen in Portugal
Portugal will mit dem 2011 begonnenen Privatisierungskurs seine hohen Schulden abbauen. Der Staat hat sich bisher von Anteilen am größten Energieversorger und des staatlichen Stromkonzerns EDP getrennt. Vor dem Hintergrund verschlechterter Wirtschaftsdaten versucht die konservative Regierung von Ministerpräsident Passos Coelho, auch den Flughafenbetreiber ANA und die staatliche Fluglinie TAP zu veräußern.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.10.2012
Sparen bringt Rezession
Der Sparkurs zeigt noch keine Wirkung – im Gegenteil, die von der Geldgeber-Troika geforderten Sparmaßnahmen könnten Portugal noch tiefer in der Rezession versenken. Die konservative Regierung rechnet für das kommende Jahr mit einem Rückgang von einem Prozent des Wirtschaftswachstums. Ähnlich wie im Nachbarland Spanien, das gestern eine Rekord-Arbeitslosenquote von über 25 Prozent meldete, wird auch die Zahl der Nichtbeschäftigten in Portugal auch in den nächsten Monaten von zurzeit knapp 16 Prozent weiter ansteigen.
Rückhalt sinkt
Nach lautstarken Protesten, die in beiden iberischen Ländern am 14. November in einem Generalstreik münden werden, musste Ministerpräsident Passos Coelho einige Kürzungen zurück nehmen. So wurde die von ihm geplante Erhöhung des Anteils der Arbeitnehmer an der Sozialversicherung wieder gestrichen. In Portugal und Spanien hatten die oppositionellen Sozialisten die Sparpakete der Regierung unterstützt; inzwischen stimmen sie aber gegen die Maßnahmen, die ihrer Ansicht nach die Rezession vertiefen, die Zahl der Arbeitslosen erhöhen und die Lage verschlimmern.
Verkauf von Staatsunternehmen
Auf der Suche nach neuen Geldquellen, die der Regierung ermöglichen sollen, das Defizitziel zumindest im Jahr 2014 zu erreichen, setzt Portugals Regierung auch auf den Verkauf von Staatsunternehmen. Unter strenger Geheimhaltung laufen die Verhandlungen über eine Privatisierung der Fluggesellschaft TAP. Diskretion ist geboten, weil das Interesse der Anbieter deutlich unter den Erwartungen der Regierung liegt. Diese hatte Bedingungen an den Verkauf geknüpft, so sollte die Betriebszentrale in Lissabon bleiben.
Als ernsthafter Kandidat soll nach dem Absprung von Delta und Lufthansa nur ein brasilianischer Investor geblieben sein, berichten Zeitungen in Lissabon. Der Millionär Germán Eframovich, der bereits Anteile an der kolumbianisch-peruanischen Luftlinie Avianca hält, zeigt sich an der staatlichen TAP sehr interessiert. "Wir glauben, dass wir dazu beitragen können, die staatliche Fluggesellschaft zu erhalten und damit auch die Interessen des portugiesischen Volkes."
Finanzieller Sturzflug
Diese sind inzwischen ganz auf Verkauf ausgerichtet: TAP setzte in den vergangenen Jahren den finanziellen Sturzflug fort – keine ideale Ausgangslage für erfolgreiche Verhandlungen. Die Regierung wollte den Verkauf bis Ende des Jahres abschließen, doch ist ihre Position durch den Ausfall mehrerer Interessenten geschwächt. Unklar ist auch, wie groß der Anteil ist, den der Brasilianer übernimmt. Laut EU-Recht können Beteiligungen aus Drittländern nur unter 50 Prozent liegen, weshalb Investor German Eframovich mit europäischen Partnern verhandelt: "Die Regierung will 100 Prozent verkaufen, wir sind bereit, zu kaufen. Wenn der Preis stimmt, werden wir abschließen, wenn uns die Ziffern nicht passen, werden wir nicht abschließen."
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