Russland verschärft Rauchverbote
In keinem anderen europäischen Land wird so viel geraucht wie in Russland. Die Duma hat deshalb diese Woche mit der Beratung über ein Gesetz begonnen, mit dem Zigaretten deutlich teurer und Rauchen an öffentlichen Plätzen verboten werden soll.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.11.2012
40 Prozent rauchen
Ab 60 Cent ist man dabei - so viel kostet umgerechnet die billigste Packung Zigaretten in Russland, die teuersten kosten um etwa einen Euro mehr. In Moskau gibt es zwar inzwischen in den meisten Lokalen Nicht-Raucherzonen, auch auf Bahnhöfen um im öffentlichen Verkehr ist Rauchen offiziell verboten. Doch je weiter man sich von der Hauptstadt wegbewegt, desto weniger werden diese Regeln eingehalten. Fast 40 Prozent der russischen Bevölkerung rauchen, die Hälfte davon mehr als ein Packerl pro Tag - nach China ist Russland damit der zweitgrößte Zigarettenmarkt der Welt. Dem asketischen Premier Dmitrij Medwedew ist das ein Dorn im Auge: "Man muss Bedingungen schaffen, damit die Leute sich ihre schädlichen Gewohnheiten abgewöhnen. Dieses Gesetz richtet sich nicht gegen die, die freiwillig rauchen. Aber wir müssen die schützen, die jetzt von fremden Rauch vergiftet werden, so einfach ist das."
Saubermann Putin
Der Schaden für die russische Volkswirtschaft durch das Rauchen ist enorm: Fast 40 Milliarden Euro, schätzen Experten, fallen im Gesundheitssystem und durch niedrigere Produktivität an. Etwa 400.000 Russen pro Jahr sterben durch das Rauchen früher. Das neue Gesetz, das spätestens im Jänner beschlossen werden soll, sieht ein sofortiges Verbot von Zigarettenwerbung vor. Bis 2015 soll die Zahl der Verkaufsstellen für Zigaretten deutlich reduziert werden, außerdem ist die schrittweise Einführung von Rauchverboten im öffentlichen Raum vorgesehen. Der einzige Ort, an dem Rauchen noch erlaubt sein soll, sei der eigene Balkon, scherzte ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums. Der Preis für Tabak wurde bereits heuer um 50 Prozent erhöht, er soll stufenweise weiter ansteigen. Und Präsident Wladimir Putin, der gerne mit seinem Image als sportlicher Saubermann spielt, machte gleich bei einer Regierungssitzung ernst und fragte, wie viele der Minister denn rauchen: "1 - 2 - 3, immerhin, besser als in der Gesamtbevölkerung. Aber auch Sie werde ich dazu bringen aufzuhören! Erfolg haben wir nur durch das persönliche Beispiel. Und Sie - was werden Sie machen? Auch Sie müssen aufhören!"
Und dann auch noch der Wodka
Widerstand kommt erwartungsgemäß von der Tabakindustrie, doch die hat gegen den Willen des Präsidenten nur wenig Chancen. Noch dazu, weil sie längst in der Hand ausländischer Konzerne ist. Marktführer ist Japan Tobacco, zu der auch Austria Tabak gehört, mit 40 Prozent Marktanteil, gefolgt von Philip Morris und British American Tobacco. Russische Marken wie die berühmt-berüchtigten Belomorkanal landen weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen oder sind wegen Gesundheitsschädlichkeit überhaupt verboten. Bis 2015 soll die Zahl der Raucher in Russland um 10 bis 15 Prozent zurückgehen - fraglich allerdings, ob sich die Regierung damit bei der Bevölkerung durchsetzen kann. "Ich bin gegen dieses Gesetz - das wäre ja so als würde man das Tragen von Schals verbieten." - "Mir ist das egal. Wenn ich rauchen will, dann rauche ich auch." Rauchen ist dabei nicht das einzige schädliche Angewohnheit, die der Kreml aufs Korn genommen hat. Auch der Mindestpreis von Wodka hat sich in den letzten Jahren stufenweise mehr als verdoppelt.