Ungarn: Richter zu unrecht zwangspensioniert
Die ungarische Regierung muss eine Niederlage im andauernden Streit mit der EU einstecken. Der Europäische Gerichtshof hat heute die beabsichtigte Zwangspensionierung von Richtern und Staatsanwälten ab 62 Jahren aufgehoben. Der Europäische Gerichtshof bezeichnet die Maßnahme als überfallsartig und als Altersdiskriminierung.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 6.11.2012
Orban wollte Gefolgsleute einsetzen
Bei der ungarischen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban herrscht heute Funkstille. Den Richterspruch des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg will man nicht kommentieren. Die Herabsetzung des Pensionsalters von Richtern und Staatsanwälten von 70 auf 62 Jahre hatte der Regierung die Möglichkeit gegeben, in der Justiz Orban-Gefolgsleute einzusetzen. Die Regierung verweist allerdings darauf, dass das Gesetz ohnehin schon vom ungarischen Verfassungsgericht aufgehoben wurde und dass sich die Betroffenen ans Arbeitsgericht wenden können.
Verjüngung als Argument unschlüssig
Geklagt wurde Ungarn von der EU-Kommission. Der Europäische Gerichtshof hat ihr heute Recht gegeben. Das Pensionierungsgesetz ohne Übergangsregelung sei unverhältnismäßig, haben die Richter befunden. Die von Ungarn ins Treffen geführte Absicht, die Justiz zu verjüngen, ist laut den Richtern nicht schlüssig. Denn nach der beabsichtigten Pensionierung von Richtern und Staatsanwälten heuer sollte das Pensionsalter der neu eingesetzten ab 2014 wieder schrittweise auf 65 Jahre angehoben werden, ganz im Einklang mit den allgemeinen Pensionsregelungen.
Vorwurf der Altersdiskriminierung
Nicht erst mit 70, sondern schon mit 62 Jahren, sollen ungarische Richter und Staatsanwälte seit Anfang des Jahres in Pension gehen. Ohne Übergangsregelung für die Betroffenen sei das Altersdiskriminierung, haben die Richter des Europäischen Höchstgerichts heute in Luxemburg befunden. Das Gesetz hätte der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban die Möglichkeit gegeben, eigene Gefolgsleute in der Justiz einzusetzen.
Die EU-Kommission hatte deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Der Luxemburger Richterspruch bestätigt allerdings nur das ungarische Verfassungsgericht. Das hatte die Zwangspensionierung der Richter und Staatsanwälte schon im Sommer aufgehoben. Betroffene können sich seither an die ungarischen Arbeitsgerichte wenden.