EU kritisiert Georgiens Politik
Georgien bleibt auch nach dem Machtwechsel bei den Wahlen Anfang Oktober auf Westkurs. Das hat Premierminister Bidzinia Ivanishvili bei seinem gestrigen Besuch in Brüssel bekräftigt. Von der EU bekam er Unterstützung im Konflikt mit Russland, aber auch Ermahnungen wegen der politischen Entwicklungen in Georgien selbst.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 13.11.2012
Barroso fordert mehr Demokratie ein
Ein ehemaliger Minister und der Generalstabschef wenige Tage vor dem Antrittsbesuch bei der EU in Brüssel verhaftet – kein leichter Einstieg für den neuen georgischen Premier Bidzina Ivanishvili. Dementsprechend war auch die Begrüßung von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso: "Demokratie besteht aus mehr als nur Wahlen, es ist eine Kultur der politischen Beziehungen. Selektive Anwendung der Justiz sollte daher vermieden werden, denn sie schadet dem Image des Landes und schwächt die Rechtsstaatlichkeit."
Saakashvili-Vertraute verhaftet
Der frühere Innen- und Verteidigungsminister Batscha Achalaja war vergangene Woche verhaftet worden, weil er gemeinsam mit anderen Kommandanten Soldaten verprügelt haben soll. Hintergrund dürfte aber ein anderer sein: Achalaja wird für die weitverbreiteten Misshandlungen in georgischen Gefängnissen verantwortlich gemacht, die kurz vor der Wahl im September bekannt geworden sind. Der Skandal ließ die Stimmung gegen Präsident Saakashwili kippen und führte zur Abwahl seiner Partei. Beobachter in Tiflis gehen davon aus, dass es nicht bei diesen Verhaftungen bleiben wird und dass in nächster Zeit weitere Vertraute von Präsident Saakashvili angeklagt werden.
Als eine der ersten Amtshandlung hat die neue Regierung außerdem das Repräsentationsbudget Saakashvilis gekürzt. Es könne nicht sein, dass allein zur Beleuchtung des Präsidentenpalastes pro Jahr fast 400.000 Euro ausgegeben würden. Abgesehen von dieser demonstrativen Erniedrigung sind die Beziehungen zwischen den beiden Lagern aber relativ ruhig – Saakashvili ist noch bis kommenden Herbst im Amt, er dürfte sich mit seiner Niederlage abgefunden haben.
"Europäische Integration hat Priorität"
Außenpolitisch setzt die neue Regierung seinen Kurs auf jeden Fall fort, sagt Premier Ivanishvili in Brüssel: "Ich habe den Spitzen der Europäischen Union erneut die Priorität dargelegt, die die Europäische Integration für uns hat. Ebenso die Integration in die NATO und den Euro-Atlantischen Raum. Wir werden unser Bestes tun diesen Prozess zu beschleunigen.
Hier holte sich Ivanishvili aber eine zwar freundliche, dafür bestimmte Absage: Ein EU-Beitritt Georgiens stehe nicht zur Diskussion, so Kommissionspräsident Barroso. Bereits kommendes Jahr soll aber ein Assoziationsabkommen und ein Abkommen zur Visa-Erleichterung unterschrieben werden. Klare Unterstützung bekam er hingegen im Konflikt mit Russland: Die EU betrachtet die abtrünnigen Regionen Abchasien und Süd-Ossetien weiter als integralen Bestandteil Georgiens – die Gebiete hatten sich nach dem georgisch-russischen Krieg 2008 für unabhängig erklärt und gehören jetzt faktisch zu Russland. Auch von der NATO gab es für Ivanishvili Ermahnungen wegen der Verhaftungen, anders als die EU hat die NATO Georgien allerdings einen Beitritt versprochen – wenn auch ohne konkretes Datum.