Im Journal zu Gast: Eva Dichand
Die Wiener U-Bahn-Zeitung "Heute" hat in Wien schon mehr Leser hat als die "Kronenzeitung" – und bundesweit gleich nach der "Krone" die zweitgrößte Reichweite. "Heute"-Eigentümerin ist Eva Dichand, deren Ehemann Christoph Chefredakteur und Herausgeber der "Kronenzeitung" ist. Geballte Macht in der Hand einer Familie.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 17.11.2012
Eva Dichand, Herausgeberin der Gratiszeitung "Heute", im Ö1-Journal zu Gast bei
Bildungspolitik großes Thema
Die Zeitungen "Heute" und "Kronenzeitung" erreichen österreichweit eine Reichweite von mehr als 50 Prozent, fast vier Millionen Leser, in Wien sind es gemeinsam fast 75 Prozent. Eine besondere aus dieser gemeinsamen Marktmacht erwachsende publizistische Verantwortung sieht "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand nicht. Sie verweist auf unabhängige Redaktionen. Die einzige Verbindung zwischen den beiden Zeitungen bestehe über ihren Ehemann. Ihr Mann und sie würden nicht einmal der gleiche Job machen: Sie mache ja nicht den Inhalt der Zeitung, sondern leite den geschäftlichen Teil, wie Eva Dichand sagt.
Ein inhaltliches Abstimmen mit der "Kronenzeitung" gebe es nicht, so die "Heute"-Herausgeberin. Einen Unterschied zur "Kronenzeitung" sieht sie im Bereich Bildungspolitik. Diese sei für sie ein großes Thema. "Ich glaube, dass 90 Prozent der Leute interessiert sind, ob sie einen Job haben, welche Ausbildung sie kriegen, ob sie eine Pension kriegen, wie viel Steuern sie zahlen und warum sie in diesem Land noch immer keinen Studienplatz kriegen, obwohl ihre Eltern 20 Jahre lang Steuern gezahlt haben. Ich glaube, das sind Themen, mit denen sich die Politik ein bisschen mehr beschäftigen sollte. Da bin ich durchaus nicht der Meinung der "Kronenzeitung"!", stellt Eva Dichand klar.
Es gibt journalistisch relevante Bereiche, in denen Eva und Christoph Dichand unterschiedlicher Meinung sind, darunter viele Themen in der EU oder das stark in der "Kronenzeitung" vertretene Thema Umwelt- und Tierschutz. "Heute" sei mehr auf die Probleme junger Familien fokussiert, so Dichand, ihre Zeitung wolle informieren und unterhalten.
"Heute"-Aufstieg ohne SPÖ-Hilfe
In einem Interview erklärte Eva Dichand einmal, dass sich "Heute" zu 90 Prozent über Anzeigen von Handelsunternehmen finanziere. Journalisten von dossier.at haben die Anzeigen der Zeitung gezählt. Ihr Ergebnis: Rund 30 Prozent der Anzeigen kommen von öffentlichen Stellen. Für Eva Dichand ist das kein Widerspruch: Sie verweist auf Gegengeschäfte, vor allem mit Vertriebspartnern. "Ich kann Ihnen nur sagen: Die Zahlen stimmen nicht, nicht einmal annährend", so Dichand.
Dass "Heute" seinen Aufstieg dem extremen Wohlwollen der Gemeinde Wien, die SPÖ-dominiert ist, verdanke, bestreitet Eva Dichand und nennt ein Gegenbeispiel: "Wir haben in Niederösterreich gleich viele Leser wie der "Kurier". Das können Sie mir auch nicht vorwerfen, dass mich dort jemand unterstützt hat. Entnahmeboxen stehen immer auf öffentlichem Grund, egal wo sie so etwas machen. Sie brauchen immer die Gemeinde, die Stadt oder das Land."
Besonders freundlich gegenüber Inserenten?
Es soll auch Dienstverträge bei "Heute" mit geben, in denen Redakteure verpflichtet werden, freundlich gegenüber Inserenten zu sein. "Das sind ganz alte Verträge", relativiert Dichand. Ein Großkunde wie der Flughafen Schwechat sei trotz Inseratenschaltung kritisiert worden. Dichand betont: "Diese ganze Debatte ist lächerlich, weil es keine Zeitung gab, die den Flughafen so angegriffen hat, wie wir." Dass es solche Vertragsklauseln gibt, dementiert die "Heute"-Herausgeberin nicht. Dichand betont aber, dass mindestens die Hälfte der Redaktion keine solchen Verträge habe und verweist darauf, dass fast alle Zeitungen in Österreich einen privaten Besitzer und eine Blattlinie hätten. "Je wirtschaftlich stärker eine Zeitung ist, desto unabhängiger ist sie von einem Inseratenkunden", beschreibt Dichand ihre Situation.
Kampagne 2013 möglich
Im bevorstehenden Wahljahr will Eva Dichand abwarten, welche Themen aufkommen. Sie könne sich vorstellen mit ihrem Blatt Stellung zu beziehen. "Es wird Themen geben, die werden wir versuchen zu verstärken, vor allem im Bildungsbereich. Mehr Geld für die Bildung, mehr Integration, Unis für unsere Kinder und nicht für irgendwelche Ausländer", umreißt Dichand ihren Standpunkt. "Es wird sicher keine parteipolitischen Leitlinien geben, wie es sie bei vielen anderen Medien gibt. Für Bildung würde ich mich sehr zum Kampagnenjournalismus hinreißen lassen, denn anders geht in dem Land nichts weiter", stellt Eva Dichand fest.
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