Spannung vor EU-Budget-Gipfel

In Brüssel werden die Staats- und Regierungschefs der EU heute über die Finanzen der Union verhandeln. Nach eineinhalb Jahren Vorbereitung wird ein Versuch gemacht, einen neuen Budgetrahmen für die nächsten sieben Jahren festzuschreiben. Veto-Drohungen und tiefe Interessensgegensätze lassen harte Bandagen erwarten. Durchaus möglich, dass der Gipfel platzt, und Anfang des nächsten Jahres ein zweiter Anlauf genommen werden muss.

Morgenjournal, 22.11.2012

Streiten um Hundertstel

Wir liegen uns wegen ein paar Hundertstel von einem Prozent in den Haaren, schüttelt ein hoher europäischer Entscheidungsträger den Kopf. Beim Showdown um den sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen der EU, also die Budgetobergrenzen für die nächsten sieben Jahre, gehe es viel mehr um politische Symbolik als um unüberwindbare finanzielle Herausforderungen. Tatsächlich macht das EU-Budget nur ein Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Aber in absoluten Zahlen geht es natürlich um viel Geld. Circa 130 Milliarden Euro gibt die EU mit ihren 500 Millionen Bürgern jedes Jahr aus.

Jeder Regierungschef wird heute versuchen für seine Klientel möglichst viel herauszuholen, gleichzeitig aber möglich wenig zu zahlen.
Der härteste Disput steht mit Großbritannien bevor. Premierminister David Cameron will ein Einfrieren des EU-Budgets, das britische Unterhaus sogar eine Kürzung. Gleichzeitig gilt in London der britische Rabatt als heilig. Scharf gegen die von Großbritannien verlangte Kürzung der Agrarausgaben wendet sich Frankreich. Deutschland vermittelt. Wie das Showdown mit London verlaufen wird gilt als Anzeichen dafür, ob Großbritannien daran denkt sich aus der EU zurückzuziehen.

Kein Optimismus zu spüren

Eine andere Front trennt die Gruppe der Nettozahlen, die wie Deutschland und Österreich die Wirtschaftshilfe an Osteuropa begrenzen will, von den Nettoempfängern. An deren Spitze Polen steht, das die Vorteile des Wirtschaftswachstums im Osten für ganz Europa unterstreicht. Dazu kommen zahlreiche rote Linien und Ultimaten einzelner Staaten. Die Verteidigung des Österreicherrabatts und die Zahlungen an die Landwirtschaft sind die wichtigsten Anliegen, mit denen Bundeskanzler Faymann nach Brüssel kommt. Der Kanzler wird noch vor Beginn des Gipfels zu einem Vieraugengespräch von Ratspräsident Van Rompuy empfangen.

Großer Optimismus ist keiner zu spüren vor diesem Gipfel. Auch das letzte Mal vor sieben Jahren mussten die Staats- und Regierungschefs zwei Anläufe nehmen, um zu nötigen Kompromisslösungen zu kommen. Und das war lange vor der Finanzkrise.