Deutschland reduziert Afghanistan-Truppen

Die deutsche Regierung hat beschlossen, dass der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zwar weitergehen soll, dass er aber bereits im Zeichen einer starker Truppenreduzierung stehen wird. Im Lauf der nächsten 14 Monate soll Deutschlands Kontingent in der internationalen ISAF-Truppe um ein Viertel kleiner werden. Die Bilanz des Einsatzes, auch was die Fortschritte in Afghanistan betrifft, fällt zwiespältig aus.

Mittagsjournal, 28.11.2012

Blutbad durch "Innentäter"

Das Dokument nennt sich, optimistisch gestimmt, "Fortschrittsbericht", aber darin muss wohl oder übel auch eingeräumt werden, dass es in wichtigen Bereichen Rückschritte gegeben hat bei der Weiterentwicklung in Afghanistan unter internationaler Aufsicht. Als gravierendes Sicherheitsproblem wird die zunehmende Zahl sogenannter "Innentäter" angeführt, das sind Menschen, die angeben, loyal als afghanische Verbündete der internationalen Truppen zu dienen und dann plötzlich auf die westlichen Soldaten feuern. 48 tote Soldaten wurden der ISAF-Truppe in Afghanistan im letzten Jahr aus diesem Grund verzeichnet.

Soldaten in Angst

Zwar ist die Zahl der im Einsatz getöteten Soldaten zurückgegangen, aber es wird der Vorwurf laut, der Bericht verschweige wichtige Umstände. Die WAZ-Mediengruppe hat aus dem Parlamenten Verschlussdokumente zugespielt bekommen, aus denen hervorgehen soll, dass etwa die Bundeswehrsoldaten im Norden im Frühjahr dieses Jahres ihre Operationen aus Angst vor Bedrohung auf eine absolutes Minimum zurückfahren mussten, sprich, sie waren dann weniger gefährdet, aber auch kaum noch aktiv.

Verblüffendes Minister-Orakel

Fortschritte und Rückschritte zugleich, vor kurzem hat Deutschlands Verteidigungsminister Thomas de Maiziere dieses Bild der Lage in einem verblüffenden Orakelspruch zusammengefasst: "Die Lage ist labil, aber stabil." Trotz der Gefahr durch falsche Freunde in den Reihen der Verbündeten lobt der Minister auch die afghanischen Truppen in den höchsten Tönen: "Ungebrochen und grandios, in einer Weise stark, wie wir das nicht erwarten konnten. Und das stimmt zuversichtlich."

Rückzug auf Beratung

Derzeit stehen rund 4.600 Soldaten der deutschen Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz. Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, dass ihre Zahl im Lauf des nächsten Jahres stark schrumpfen soll, 3.300 sollen es im Februar 2014 noch sein, und bis zum Ende des übernächsten Jahres sollen keine Kampftruppen der Bundeswehr mehr in Afghanistan stehen. Dennoch wird die Armee dort auch danach noch vertreten sein, mit einem Mandat, das, wie es heißt, Ausbildung, Beratung und Assistenz umfasst. Beratung wird offenbar auf vielen Ebenen dringend benötigt in Afghanistan. Der Regierungsbericht merkt nämlich auch an, dass afghanische Richter, Staatsanwälte und Polizisten nicht selten Kenntnisse über die eigenen Gesetze vermissen lassen. Rechtsstaatlichkeit scheitert da schon am papierenen Fundament.