Hillary Clintons Sicht von Europa

Obwohl immer wieder von der Hinwendung der USA Richtung Pazifik und China geredet wird, ist Europa der bei weitem größte Handelspartner der Amerikaner. Daher wird US-Außenministerin Hillary Clinton Europa nächste Woche zum insgesamt 38. Mal besuchen. In einer Grundsatzrede zur amerikanischen Europapolitik in Washington kritisierte Clinton die Sparpolitik der EU und Gegensätze bei der gestrigen Abstimmung zum Thema UNO-Mitgliedschaft Palästinas.

Mittagsjournal, 30.11.2012

Europa nicht unwichtiger geworden

Unmittelbar nach dem Ende der Ära George Bush waren diplomatische Reparaturarbeiten angesagt, resümiert US Außenministerin Hillary Clinton: "Als erstes haben wir die Kommunikation wieder verbessert - die war ja doch belastet. Merken sie, wie sehr ich zur Diplomatin geworden bin?" Mittlerweile herrsche wieder Normalbetrieb, heißt es weiter. Dass Europa und das transatlantische Militärbündnis NATO für die USA unter Barack Obama weniger wichtig geworden wären, will Hillary Clinton nicht gelten lassen: "Nächste Woche bin ich zum 38. Mal als Außenministerin in Europa. Es mag nicht glamourös sein, aber es ist harte, tägliche Arbeit." Dass es gelegentlich auch Spannungen und Gegensätze gibt, wird eingeräumt - mit einem Seitenhieb auf die in den USA vielfach kritisierte langsame und mühsame Entscheidungsfindung in Europa: "Natürlich sind sich die USA und Europa nicht in allem einig. So wie auch die Europäer nicht immer untereinander."

Konjunktur und Nahost

Aktuelles Beispiel dafür ist die Abstimmung über den Status Palästinas in den Vereinten Nationen, bei der viele europäische Staaten die Aufwertung des Palästinenserstaates innerhalb der Vereinten Nationen befürworten - im Gegensatz zu Israel und den USA: "Die USA sind gegen diesen Antrag, der nichts für den Frieden und die Zwei-Staaten-Lösung, die wir alle wollen, bringen wird." Dass ein wirtschaftlicher Einbruch Europas auch die USA hart treffen würde, darüber herrscht in Washington Einigkeit. Der europäische Fokus auf Einsparungen als Krisenrezept stößt auf Kritik: Es brauche auch Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft: "Es ist für die ganze Weltwirtschaft wichtig, dass die europäischen Regierungen glaubwürdig Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze schaffen."

Transatlantische Zusammenarbeit

Der Ausbau des gemeinsamen Raketenschutzschirmes, die Erweiterung der EU auf dem Balkan, all das stößt auf die volle Zustimmung Clintons. Ihr Resümee: Ohne die enge transatlantische Zusammenarbeit während der letzten vier Jahre wäre vieles anders - vieles schlechter: "Gaddafi würde in Libyen weiter sein Volk abschlachten, Afghanistan wäre ein Hafen für Terroristen und der Iran würde seine Öl-Einnahmen nützen, um sich Atomwaffen zu verschaffen."

Interessant auch, was Hillary Clinton nicht erwähnt: Die Begriffe "China" oder "Pazifik" kommen in ihrer Rede überhaupt nicht vor - und wann der schon vor mehr als einem Jahr angekündigte Abschied Hillary Clintons vollzogen werden soll, auch das bleibt diplomatische Geheimsache.