Palästina hat "Chance auf Versöhnung"

Die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat bei den Vereinten Nationen bedeutet eine Aufwertung für die Palästinenser und eine Chance in Richtung Frieden, auch innerhalb der Palästinenser selbst. Das sagt die Politikwissenschaftlerin Helga Baumgarten an der Universität Birzeit bei Ramallah im Westjordanland.

Mittagsjournal, 30.11.2012

Politikwissenschaftlerin Helga Baumgarten im Gespräch mit Andrea Maiwald

Schritt in Richtung Frieden

Die Palästinenser hätten durch die UNO-Anerkennung eine "sicher nicht zu überschätzende" Aufwertung bekommen, so Baumgarten im Ö1 Gespräch. Es sei ein Signal an Israel, "das ist die allerletzte Möglichkeit, die Besatzung über die Palästinenser und die verhängnisvolle Siedlungspolitik zu beenden und einen wirklichen Schritt in Richtung Frieden zu tun." Dass die Vorwürfe von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gegen Israel, zuletzt auch wieder in seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung, kontraproduktiv wären, will die Politologin nicht gelten lassen: Abbas nenne die Dinge offen und klar beim Namen. Auch in der israelischen Presse gebe es Journalisten, die genau dies schon seit Jahren schreiben. Die israelische Politik sei auch immer "extremistischer" geworden. Die israelische Regierung müsse endlich erkennen, dass man mit diesem Kurs vor allem den Palästinensern, aber auch sich selbst schade und dass dieser Kurs nirgendwo hinführe. "Diese Besatzungspolitik muss nach über 40 Jahren endlich beendet werden", so Baumgarten.

Chance auf Aussöhnung Hamas - Fatah

Die Folgen der UNO-Entscheidung für das Verhältnis der Palästinenser untereinander ist vielschichtig: Mit dem Erfolg vor der UNO konnte Abbas auch innerhalb der Palästinenser punkten. Das habe die Situation nun wieder "ansatzweise ausgeglichen", sagt die Politologin. Denn der über Ägypten ausgehandelte Waffenstillstand im Gaza-Streifen habe der extremistischen Hamas einen "enormen politischen und regionalen Erfolg" und der Autorität von Abbas im Gazastreifen eine Niederlage beschert. Baumgarten sieht da auch Zusammenhänge mit den Veränderungen durch den "arabischen Frühling". Dass es etwa in Ägypten und Tunesien Regierungen der Muslimbrüderschaft gebe, stärke die Position der Hamas-Regierung im Gaza-Streifen und bedeute eine Aufwertung der Hamas auch im Westjordanland. Vor diesem Hintergrund sei der Erfolg von Abbas sehr wichtig gewesen. Nun stünden die Signale auf Aussöhnung der palästinensischen Parteien Hamas und Fatah. Es sei allerdings zu hoffen, dass sich nicht wieder amerikanischer und israelischer Druck aufbaut, der diese Einigung unter den Palästinensern zunichtemacht. Für die palästinensische Durchschnittsfamilie ändere sich dadurch jedenfalls absolut nichts, dass alles spiele sich auf der symbolischen Ebene ab, so Baumgarten.

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