Wieder stärkere Nahost-Rolle für USA

Der Mitte dieser Woche abgeschlossene Gaza-Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas hält vorerst. Zustande gekommen ist das Abkommen durch massiven Druck aus Ägypten und Washington. US-Präsident Barack Obama ist während des Wahlkampfs in den USA immer wieder mangelnde Bündnistreue zu Israel vorgeworfen worden - jetzt sehen Analysten neue Chancen für den Friedensprozess im Nahen Osten.

Morgenjournal, 23.11.2012

Aktive US-Rolle

In Gaza fallen die Bomben, auf israelische Städte gehen Raketen nieder. Einige Tage lang wirkt es so, als ob die US-Regierung das in der Rolle des stillen Beobachters zur Kenntnis nehmen würde. Doch der Eindruck trügt: US-Medien berichten jetzt, dass Barack Obama täglich mit Israels Premier Benjamin Netanyahu und Ägyptens Präsident Mohammed Morsi telefoniert hat - auch während seiner Asien-Reise. Als die Gewalt zu eskalieren droht, reist Außenministerin Hillary Clinton persönlich nach Israel und Ägypten. Keine Sondergesandten, keine Geheimdiplomatie. Einmal mehr zeigt sich aus amerikanischer Sicht: Wenn nichts mehr geht, ist Washington gefordert.

Dank an Mursi

Als die Waffen wirklich schweigen, dankt die als mögliche künftige Außenministerin gehandelte amerikanische UNO-Botschafterin Susan Rice allen Beteiligten:"Let me note our particular gratitude to President Mursi of Egypt for his commitment to regional security as well as to UN Sec. Gen. Ban Ki-moon for his diligent efforts, and of course President Obama and Sec. Clinton have worked tirelessly to bring the parties to agreement. We appreciate PM Netanyahu's work with the new Egyptian government to achieve a sustainable cease fire and a more durable solution to this problem."

Mursis Einfluss auf die Hamas

Der Dank der Spitzendiplomatin zeigt die Verhandlungslinien klar: Der mit großem amerikanischen Misstrauen im Amt empfangene ägyptische Präsident hat sich als verlässlicher Partner entpuppt - bei allen Vorbehalten bezüglich seiner demokratischen Gesinnung. Mursis Einfluss auf die Hamas und seine Gesprächsbasis mit Washington werden in den USA plötzlich als Möglichkeit für weiterreichende Friedensgespräche angesehen.

Iran im Hintergrund

Am Waffenstillstand in Gaza waren die USA auch deshalb interessiert, weil der Konflikt dort von einem anderen Schauplatz ablenkt: dem Iran. Die USA und Israel sind sich einig, dass das Regime in Teheran den Konflikt in Gaza schürt, so wie auch den Bürgerkrieg in Syrien, um vom eigenen Atomprogramm abzulenken. Die israelischen Militärs haben im Gaza-Krieg ihr Raketen-Abwehrsystem erfolgreich getestet, mehr als 80 Prozent der Hamas-Raketen konnten abgefangen werden. Die USA wollen den weiteren Ausbau des "Eisernen Domes" unterstützen. Diese Botschaft haben die Machthaber in Teheran mit Sicherheit registriert. Ihnen ist jetzt klar, dass der Gegenschlag nach einem Angriff auf ihre Atomanlagen an eben diesem "Eisernen Dom" zerschellen könnte.

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