Katar: Klimaschutz als Prestigefrage

In Doha, der Hauptstadt von Katar, wird auf dem Weltklimagipfel derzeit über mögliche Schritte im Kampf gegen den Klimawandel beraten. Doch das Katar scheint ein denkbar ungeeigneter Gastgeber für einen UN-Klimagipfel zu sein, ist es doch das Land mit dem größten Treibhausgas-Ausstoß pro Kopf. Doch das betont sein großes Interesse am Klimaschutz und hat sich auch hohe Ziele gesetzt. Nicht länger als Klimasünder zu gelten ist eine Frage des Prestiges.

Mittagsjournal, 5.12.2012

Barbara Battisti

Wasser und Energie gratis

In der gutgekühlten Wüste gibt es Energie im Überfluss. Die Klimaanlagen in Katar laufen praktisch rund um die Uhr, auch bei derzeit relativ kühlen 23 Grad Tageshöchsttemperatur. Kein Problem für die knapp 300.000 Kataris, für sie ist Wasser und Energie gratis, beides wird von der Regierung subventioniert. Seinen enormen Reichtum verdankt der Wüstenstaat dem größten Erdgasfeld der Welt. In der Hauptstadt Doha jagt eine Armada großer Autos über die Straßen – Benzin tankt man hier um 20 Cent je Liter. Erneuerbare Energien haben es da nicht leicht. Doch Katar will sein Image aufpolieren und nicht mehr nur als Klimasünder da stehen: Alle Gebäude, die der Regierung gehören, müssen nachhaltig gebaut werden.

Kühlenergie halbieren

Verantwortlich dafür ist die Organisation für Forschung und Entwicklung in der Golfregion (GORD). Esam Elssarrag leitet die Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei GORD. Der größte Energiefresser in Katars Gebäuden sind die Klimaanlagen – hier wolle man ansetzen, erzählt er, mit besserer Isolierung und anderer Architektur: "Braucht man wirklich so große Fenster? Diese Fragen stellen wir uns jetzt. Auch Glasfassaden sind schwer zu kühlen. Wie kann man Schatten schaffen? Jetzt verwenden wir auch Materialen, die gut isolieren. Das wurde in der Region bisher nie so beachtet." Ziel ist es, den Energieverbrauch für die Kühlung zu halbieren. Zwar ist Energie in Katar sehr billig, doch die laufenden Kosten können bei großen Gebäuden sehr hoch sein. Da kann man mit umweltgerechtem Bauen Geld sparen, sagt Esam Elssarrag, und erzählt von einer nachhaltig gebauten Grünen Moschee: "Eine Moschee wird mit Spendengeld finanziert. Daher bauen sie billige Moscheen. Doch wenn man nachhaltig und gut isoliert baut, zahlt es sich bei den laufenden Kosten aus."

Solarzellen in Fassaden

In der Hauptstadt Doha wird gerade ein ganzer Stadtteil nachhaltig gebaut und mit Solar-Anlagen ausgestattet. Federführend beteiligt ist die Firma Innovations Unlimited, die vor wenigen Jahren von zwei Kärntnern und einem Ägypter gegründet wurde. Heute macht das Unternehmen, das auch zu den führenden Event-Veranstaltern in der Region gehört, mit seinem Umweltbereich umgerechnet mehr als 12 Millionen Euro Jahresumsatz. Spektakulär sind Photovoltaik-Lösungen, die in die Fassaden der Gebäude integriert sind. Jüngstes Beispiel wird der 27 Stockwerke hohe Falcon Tower, ein Hotelgebäude in Doha, erzählt Firmengründer Amr Belal: "Die Solarzellen werden in die Fassade eingebaut, eine einzigartige Sache, sehr innovativ, und die Paneele werden teilweise blau und gold sein." Das Know How dafür kommt von Photovoltaik- und Solarspezialisten aus Österreich. Doch Solaranlagen sind für heißen Wüstenregionen nicht so perfekt geeignet, wie man meinen möchte: Wenn die Temperatur an der Oberfläche der Paneele auf über 60 Grad Celsius steigt, sinkt die Effizienz der Anlagen deutlich. Auch Staub und Sand beeinträchtigen den Wirkungsgrad.

Vorreiterrolle als Ziel

In Katar kommt der Wunsch nach nachhaltigen Projekten war von der Regierung, doch auch bei den katarischen Unternehmen gibt es langsam ein Umdenken, sagt Ulf Six, österreichischer Gründer von Innovations Unlimited: "Da sitzen sehr viele perfekt ausgebildete Leute an den Schalthebeln, die aus der ganzen Welt zurück nach Katar kommen. Und die haben schon einen anderen Blick auf die Dinge." Katar will Vorreiter in der Golfregion werden, auch beim Klimaschutz. Bis 2018 sollen 16 Prozent des Energiebedarfs mit Solarstrom gedeckt werden. Allerdings ist im ganzen Land bisher noch kein einziger kommerzieller Solarpark am Netz.