Konflikt in Ägypten verschärft sich

Die Menschen in Ägypten haben eine Nacht schwerer Zusammenstöße hinter sich mit mindestens fünf Toten und mehr als 400 Verletzen. Damit hat der Streit um die neue Verfassung und die Macht des Präsidenten eine neue Stufe erreicht. Sowohl Gegner als auch Anhänger des ägyptischen Prasidenten sind offenbar entschlossen zu kämpfen.

Mittagsjournal, 6.12.2012

Kampf um die neue Verfassung

Angespannte Ruhe heute Vormittag vor dem Präsidentenpalast in Ägyptens Hauptstadt Kairo. In den Morgenstunden waren Panzer der Republikanischen Garde vorgefahren, um den Präsidentenpalast zu schützen. Ruhepause nach einer blutigen Nacht. Die ganze Nacht über hatten sich Gegner und Befürworter von Präsident Mohammed Mursi vor dem Präsidentenpalast bekriegt. Mit Molotowcocktails, Stöcken und Steinen. Mindestens fünf Tote und mehr als 400 Verletzte, damit hat der seit zwei Wochen eskalierende Konflikt einen Höhepunkt erreicht. Beide Seiten sagen, sie wollen die ägyptische Revolution retten: Mohammed Mursi und die Muslimbrüder, indem sie möglichst schnell eine neue Verfassung durchbringen wollen. Die Gegner Mursis, indem sie verhindern wollen, dass Mursi und der Islam die erkämpfte Freiheit stehlen.

"Referendum hat keine Legitimität"

Mohammed El Baradei und Amr Moussa, zwei auch international respektierte Gesichter des ägytpischen Aufbruchs, machen Präsident Mohammed Mursi für die eskalierende Gewalt verantwortlich. "Wir werden alles tun, was möglich ist, um das Referendum am 15. Dezember zu stoppen, denn wir glauben, dass es null und nichtig ist und keinerlei Legitimität hat", sagt Mohammed el Baradei. "Wir werden solange Druck machen, bis wir einen geeigneten Mechanismus finden, um eine demokratische Verfassung zu entwickeln und sicher zu stellen, dass die Ziele der Revolution um gesetzt sind: Gerechtigkeit, Freiheit und soziale Gleichstellung", erklärt El Baradei.

Abstimmungstermin kaum haltbar

In einer Pressekonferenz hat der ägyptische Vizepräsident Mahmoud Mekki vorgeschlagen, die Verfassung zunächst durch das Referendum zu bringen und dann im neuen Parlament zu reformieren. Man könne sich zuvor auf die Änderungsvorschläge einigen. Es sei aber wichtig, möglichst schnell durch diese sensible Phase der Institutionenbildung durchzugehen, der Referendumstermin werde also nicht verschoben so Mahmoud Mekki, ägyptischer Vizepräsident.

Dass der ägyptische Präsident Mohammed Mursi den Abstimmungstermin einhalten kann, wird zunehmend unwahrscheinlich. Der innere und äußere Druck werden stärker, eine Verhandlungslösung zu finden, um eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern. Und um die rasch tiefer werdende Kluft zwischen Ägyptens Gesellschaftsgruppen nicht zu unüberwindbaren Abgründen werden zu lassen.