Länder gegen zentrale Schuldenstelle
In der Debatte, welche Geschäfte Bund, Länder und Gemeinden eingehen dürfen, hat sich im Ö1-Morgenjournal Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny für einen gemeinsamen Schuldendienst der Republik Österreich ausgesprochen. Der Vorsitzende der Landeshauptleute, Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), lehnt es ab, Finanzgeschäfte zentral zu regeln.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.12.2012
Ungleiche Schuldenlast
Österreich ist unterschiedlicher als es scheint: Hoch verschuldete, strukturschwache Bundesländer stehen im Wettbewerb mit sparsamen, dynamischen Wachstumsregionen, schreibt das "Industriemagazin". Und der Rechnungshof liefert die Zahlen dazu. Jeder Kärntner steht demnach mit mehr als 3.000 Euro in der Kreide. Das ist mehr als doppelt so viel wie der Bundesschnitt und rund 15 Mal so viel wie das Schuldenpackerl, das Oberösterreicher oder Vorarlberger zu tragen haben. Dazu kommt, dass die Neuverschuldung explodiert. Und jedes Bundesland versucht derzeit auf eigene Faust, seine Schulden zu bedienen und wagt sich als Einzelkämpfer auf den Finanzmarkt. Und dort erhält jeder – je nach Bonität – auch eigene Konditionen. Dieses Zerrbild ähnelt verblüffend der Eurozone. Auch dort driften die Kosten für die Schulden immer weiter auseinander.
Platter gegen Zentraldebatte
Spekulationsgeschäfte waren in der jüngsten Vergangenheit der Ausweg für viele Bundesländer und Gemeinden. Jetzt könnte der Ausweg eine gemeinsame Schuldenfinanzierung sein, sagt Notenbankgouverneur Ewald Nowotny. Und bleibt damit – auch das ist bekannt von der Eurozone – vorerst allein. Denn die Länder wollen von einer Zentralisierung der Finanzgeschäfte nichts wissen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP): "Ich glaube, wir sollten hier aufpassen, dass wir nicht eine Zentraldebatte führen. Denn offensichtlich ist es doch in Salzburg zu einem Vorfall gekommen, der – so wie die politisch Verantwortlichen sagen –, unter Umständen auch ein kriminelles Element enthält. Aber wenn ich gerade die Situation in Tirol betrachte: Wir haben keine Derivatgeschäfte, wir haben auch keine derartigen Vollmachten. Aus Sicht des Landes Tirol würde ich es nicht zulassen, wenn hier eine Zentralisierung stattfindet, was den Schuldendienst betrifft, sondern dass hier schon die Autonomie der Länder auch im Finanzbereich bewahrt werden sollte."
Salzburger Skandal heizt Debatte an
Seit fast zwanzig Jahren managt die Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA die Schulden der Republik Österreich. Nach Spekulationsverlusten hat sie sich neue, strenge Regeln verpasst. Diese Verschärfung dient den Befürwortern eines zentralen Schuldendienstes als Argument. "Das muss jedes Land für sich selbst machen. Das Entscheidende ist ja, dass man nicht solche Vollmachten gibt. Das ist das Wesentliche, dass nicht eine Person allein solche Maßnahmen unternehmen kann", betont Platter.
Der neuerliche Spekulationsskandal in Salzburg – eine Landesbeamtin hat 340 Millionen Euro verzockt – heizt die Diskussion nun wieder an.