Klimaexperte Schleicher: "Doha ist Enttäuschung"

Die Hoffnung auf neue Beschlüsse für eine konstruktive internationale Klimapolitik sei in Doha enttäuscht worden, sagt der Klimaexperte und Ökonom des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO), Stefan Schleicher, im Ö1 Mittagsjournal. Die große Trendwende ist aus seiner Sicht nun nicht mehr zu schaffen.

Mittagsjournal, 10.12.2012

Klimaexperte Stefan Schleicher im Gespräch mit Andrea Maiwald

China steigt aus, EU zerstritten

Die Ursache für das Stocken des UNO-Klimaschutz-Prozesses führt Schleicher auf eine fundamentale Veränderung der Machtverhältnisse in den letzten 20 Jahren zurück: "China ist jetzt nicht nur bei den globalen Emissionen die Nummer eins, wird demnächst auch das mächtigste Wirtschaftsland der Welt werden, die USA und vor allem Europa fallen zurück." Dazu komme, dass sich der ehemalige Klimaschutz-Vorreiter Europa nicht einmal in sich zu einer geschlossenen Haltung durchringen könne: "Es gab einen Konflikt mit Polen, der nur dadurch gelöst werden konnte, dass man ein Forderung Polens akzeptiert hat, aber dann sofort öffentlich erklärt hat, dass man die Wünsche von Polen nicht akzeptieren wird."

Österreich unglaubwürdig

Österreich habe bei einem Treffen mit Inselstaaten demonstriert, dass man Hilfe leiste. Das sei aber in vielen Fällen eine Umetikettierung von Entwicklungshilfe, kritisiert Schleicher und bescheinigt Österreich ein "Glaubwürdigkeitsdefizit."

Wohlstand neu definieren

Währenddessen werde die Diskrepanz zwischen dem, was zu tun wäre, und dem was getan wird, immer größer. Die fundamentale Trendwende werde man nicht schaffen, erwartet Schleicher mit "großer Sorge". Und er sagt eine grundlegenden Wertewandel voraus: "Die Diskussion wird lauten: Was bestimmt wirklich Wohlstand? So wie wir gewohnt sind, jetzt Wohlstand zu messen, in immer mehr wirtschaftlicher Aktivität gemessen am Bruttoinlandsprodukt, dieses Wohlstandsmaß wird wohl seine Bedeutung künftig verlieren."