Syrien: Zerstöre Kulturschätze

Aus Syrien hören wir seit fast zwei Jahren nur Nachrichten über Krieg und Elend. Doch das Land hat eine fünftausendjährige Geschichte zu bieten. Unzählige einzigartige Kulturgüter sind im ganzen Land zu finden. Das weiß auch die Kunstmafia, die nun im Schutze der Kriegswirren versucht, wertvolle Ausgrabungen zu plündern. Und auch der Krieg selbst hat schon nicht mehr wiedergutmachbare Zerstörungen angerichtet.

Mittagsjournal, 15.12.2012

Aus Syrien berichtet

Baukunst abgebrannt

Auf dem Bazar in Damaskus werden seit tausenden Jahren Waren aus dem ganzen Orient verkauft. Viele Gebäude sind wahre Schmuckstücke arabischer Baukunst. Auch wenn nur wenige Kilometer entfernt das Donnern der Kanonen zu hören ist – hier ist noch normaler Marktbetrieb. Ganz anders die Situation in Aleppo. Der dortige Bazar – mit seiner fragilen Holzdachkonstruktion einzigartig schön – ist komplett zerstört. Ob das die Rebellen waren oder Regierungstruppen kann man nicht mit Sicherheit sagen. Es ist aber auch egal, sagt Maamoun Abdulkarim, Generaldirektor des National-Museums in Damaskus und damit oberster Denkmalschützer des Landes. Es habe ihm die Tränen in die Augen getrieben, als er die Bilder des zerstörten Bazars im Fernsehen gesehen habe: "Das größte Problem waren die Märkte von Aleppo. Mehr als tausend Geschäfte sind dort leider abgebrannt. Seitdem das passiert ist, haben unsere Leute noch nicht dorthin gekonnt, weil so schwer gekämpft wird. So konnten die genauen Schäden nicht bestimmt werden."

Geplünderte Ausgrabungen

In den vergangenen Monaten, als sich abzeichnete, dass der Krieg auch die großen Städte immer mehr in Mitleidenschaft zieht, ordnete Direktor Abdulkarim an, dass in allen Museen des Landes die Kunstschätze zusammengepackt und an einen geheimen sicheren Ort gebracht werden. Auch das Nationalmuseum in Damaskus ist so gut wie leer. Doch wie schützt man Gebäude und Ausgrabungen? Mehr als 10.000 von diesen historischen Stätten sind in ganz Syrien verteilt: "Dort gibt es schwere Kämpfe. Eine Polizei gibt es nicht mehr. Die Bewacher der archäologischen Stätten können ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen, weil es zu gefährlich ist. Deshalb sind einige dieser Ausgrabungen geplündert worden. Von Banden und der Kunstmafia, die wir ja kennen."

Bevölkerung schützt Kulturschätze

Zustände wie im Irak würde es in Syrien jedenfalls nicht geben, versichert der Direktor. Die Zerstörung und Plünderung im Irak könne man nicht mit Syrien vergleichen. Es werde noch nicht professionell geplündert, denn die Diebe seien offensichtlich keine Profis. Und rund 4.000 Stücke, die schon gestohlen wurden, konnten mittlerweile wieder aufgestöbert werden. Es habe auch schon Situationen gegeben, wo die lokale Bevölkerung die Plünderer selbst wieder vertrieben hätten, so der Museumsdirektor stolz. Es sei quasi eine nationale Pflicht, das historische Erbe zu beschützen: "Unsere Botschaft an das ganze Volk ist: Egal wo man politisch steht, wir müssen zusammenhalten, um unsere Kulturschätze zu schützen." Doch umso länger der Krieg andauert, umso heftiger wird auch gekämpft und umso schwerer wird es werden, diese wunderbaren historischen Güter zu beschützen.

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