Keine Lösung für Syrien in Sicht

Die Chancen für eine politische Einigung im Bürgerkriegsland Syrien liegen derzeit bei Null - das sagt ein einflussreicher Experte der Universität Damaskus. Vor allem, weil das Land der Spielball der Großmächte sei. In Damaskus hat ORF-Reporter Robert Uitz mit ihm gesprochen.

Morgenjournal, 13.12.2012

Aus Damaskus,

Es bestehe die Gefahr, dass Syrien endet wie Somalia - als gescheiterter Staat in dem nur mehr das Chaos regiert. Das sagt ein einflussreicher Experte für strategische Fragen der Universität Damaskus. Denn er sieht die Chancen für eine politische Einigung in Syrien derzeit bei fast Null - vor allem weil das Land der Spielball der Großmächte sei. Und auch bei der politischen Opposition in Syrien hat man wenig Hoffnung, dass das Blutvergießen bald ein Ende haben wird.

Hass zu groß

Nebil, es ist besser nur seinen Vornamen zu nennen, gehört der politischen Opposition hier in Syrien an. Mehrmals musste er für seine Überzeugungen schon ins Gefängnis. Seine Hoffnung liegt bei der internationalen Gemeinschaft. Allerdings will er, wie die meisten hier, keine militärische Intervention, sondern mehr diplomatischen Druck: Die internationale Gemeinschaft bewegt sich sehr langsam. Sie müsste noch viel mehr Druck auf das Regime aufbauen – und alle an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Dass es ohne Druck von außen zu einer politischen Lösung kommen kann, glaubt er nicht. Denn dazu wäre der Hass auf beiden Seiten schon zu groß geworden – mehr als 40.000 Tote haben die Kämpfe ja schon gefordert. Die Politik hatte lange Zeit sich zu bewegen. Aber seit sechs Monaten ist der Platz für politische Lösungen sehr klein geworden. Wenn man eine Idee für eine Lösung hat sagt man sie lieber nicht – denn man riskiert viel – ohne dass es was bringt – niemand wird einem zuhören.

Spielball der Großmächte

Dass es im Moment eine friedliche Lösung geben könnte kann sich, Dr. Nabil Al Saman, Strategischer Analyst der Universität Damaskus, nicht vorstellen: Die Zeit ist noch nicht reif für eine politische Lösung. Es wird noch Zeit brauchen. Ich glaube, Syrien ist im Moment der Spielball der großen Mächte – jeder will seinen Teil vom Kuchen.

Es müsse zuerst eine militärische Vorentscheidung fallen sagt er. Wenn die sogenannte Freie Syrische Armee die Oberhand gewinnt, dann werde sich das Regime zu einigen versuchen. Wenn es allerdings den Truppen von Assad gelinge zu gewinnen werde sich nichts ändern glaubt er: Es gibt dreihundert verschiedene bewaffnete Gruppen hier in Syrien. Sogar die Regierung unterhält eine eigene Freie Syrische Armee um Verwirrung zu stiften und Gräueltaten den anderen unterzuschieben. Und dann gibt es andere Gruppen die haben mit dem Aufstand nichts zu tun. Das sind Diebe und Banditen die die Situation ausnützen. Nach einem Fall des Regimes würde es also ein politisches Vakuum geben.

Es sei ein Irrglaube, dass sich die Dinge bessern wenn das Regime unkontrolliert zusammenbricht, so Nabil Al Saman: Was wir wollen ist die Staatlichen Institutionen vor dem Zusammenbruch zu Retten. Also Polizei, die Nationalbank oder die Ministerien. Ja wir wollen Reformen – aber die Institutionen müssen aufrecht erhalten bleiben – sonst haben wir eine Situation wie in Somalia.

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