Immofinanz-Prozess: Gutachter umstritten

Am Wiener Straflandesgericht hat heute der Immofinanz-Constantia-Prozess begonnen. Dem ehemaligen Vorstandschef Karl Petrikovics, einem weiteren Vorstand und einem Ex-Aufsichtsrat wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung und Untreue vorgeworfen. Ein Angeklagter ist heute krankheitsbedingt ausgefallen. Und zum Auftakt gab es einen Ablehnungsantrag gegen den Gerichtsgutachter.

Mittagsjournal, 22.1.2013

Hunderttausende Anleger haben Ex-Immofinanz-Vorstand Karl Petrikovics vertraut, sagt der Staatsanwalt in seiner Anklage hier im Straflandesgericht. Aber Petrikovics, ein Vorstandskollege und ein Aufsichtsrat hätten dieses Vertrauen missbraucht, die Anleger geschädigt und sich um rund 26 Millionen Euro bereichert. Doch Karl Petrikovics meint, er könne die Vorwürfe widerlegen und sei froh, dass der Prozess jetzt startet, so der Ex-Immofinanz-Chef, der zu Beginn der Verhandlung seinen Vermögensverhältnisse erklären muss. Er besitzt 2 Zinshäuser und 14 Eigentumswohnungen und ist an 7 Zinshäusern beteiligt. Es folgt der erste Angriff der Verteidigung – und zwar von Georg Zanger, dem Anwalt des Angeklagten Ex-Immofinanz-Aufsichtsrats-Mitglieds.

Der Anwalt beantragt die Nichtzulassung des Gerichts-Sachverständigen Gerhard Altenberger. Erstens aus verfassungsrechtlichen Gründen, weil Altenberger so etwas wie ein Zeuge der Anklage sei und zweitens, weil die Korruptionsstaatsanwaltschaft Altenberger als Beschuldigten im Birnbacher-Verfahren führt. Er war einer der Sachverständigen, die es der Kärntner Landesholding durch ihre Gutachten erleichtert haben, das 6 Millionen Euro Birnbacher-Honorar zu rechtfertigen. „Ein Sachverständiger, der selbst der Beihilfe zur Untreue beschuldigt wird, hat die Vertrauenswürdigkeit verloren, sagt Anwalt Zanger.

Ob das Gericht nun einen anderen Gutachter bestellt oder den Ablehnungsantrag ablehnt, hat der Schöffensenat noch nicht beschlossen.
Die Richterin hat stattdessen zunächst Staatsanwalt Volckert Sackmann seine Anklage vortragen lassen. Mit einer Powerpoint-Position und einer Art Crash-Kurs über Aktienoptionsgeschäfte versucht er zu erklären, wie sich die drei Hauptangeklagten mit Hilfe von zwei Mitangeklagten bereichert hätten. Sie hätten beispielsweise in nur 11 Monaten 21 Mio. Euro verdient durch Aktienoptionsgeschäfte – ohne dass sie davor nur einen Cent für diese lukrativen Optionen bezahlt hätten, also ohne mit dem Geschäft auch nur irgendein Risiko einzugehen. Außerdem sei die Bereicherung verschleiert worden - durch Scheinrechnungen, durch einen Treuhänder und durch Aufteilung des Schadens auf einzelne von rund 800 Tochterfirmen, so der Staatsanwalt. Die Rechtfertigung der Angeklagten – etwa dass es durch einen Aufsichtsratsbeschluss einen Rechtsanspruch auf die Optionen gegeben hätte, sei zum Teil abenteuerlich, sagt der Staatsanwalt.

Petrikovics Anwalt Otto Dietrich hingegen hat soeben erklärt, Die Staatsanwaltschaft sei auf einem Auge blind, es gebe nur Vermutungen und keine Beweise. Und Ziel der Verschleierung der Optionsgeschäfte sei nur die Vermeidung der Spekulationssteuer gewesen. Es habe Chaos in der Immofinanz gegeben aber keinen Befugnis-Missbrauch und keinen Schaden. Der angeklagte zweite Ex-Immofinanz-Vorstand konnte heute übrigens nicht kommen - dem Vernehmen nach wegen einer schweren Erkrankung– für ihn wird es möglicherweise später einen eigenen Prozess geben müssen.