Windkraft-Euphorie in Wien

Zu teuer, zu stark gefördert: Die Ökostrombranche muss sich derzeit mit einiger Kritik herumschlagen. Derzeit findet in Wien die Messe des europäischen Windenergieverbandes statt, hier werben Branchenvertreter für die Vorzüge von Windenergie. Eines lässt sich jedenfalls mit Sicherheit sagen: Windenergie erlebt in Österreich gerade einen Boom.

Mittagsjournal, 5.2.2013

Barbara Battisti

"Erst an den Anblick gewöhnen"

Mehr als 760 Windräder drehen sich derzeit in Österreich und versorgen knapp 790.000 Haushalte mit grünem Strom. Vor allem der Osten Österreichs bietet zahlreiche geeignete Standorte für Windkraftwerke. Ein Pionier der Branche ist die Waldviertler "WEB Windernergie AG". Die Firma hat im Jahr 1995 in Michelbach im niederösterreichischen Alpenvorland das erste Windrad mit Bürgerbeteiligung gebaut. Das Windrad dreht sich heute noch.

Das wohl bekannteste Projekt der WEB in Österreich ist der Windpark Vösendorf an der Südautobahn. Mit Widerstand der Anrainer war die Firma immer wieder konfrontiert, sagt Vorstand Frank Dumeier, dabei gehe es vor allem um Optik und Geräusche. "Zehn Prozent Grundrauschen", wie Dumeier es nennt, seien unvermeidbar, und auch an den Anblick müsse man sich freilich erst gewöhnen.

Weniger Geräuschbelastung bei neuen Anlagen

Die modernsten Anlagen sind allerdings höher und haben längere Flügel als die ersten Modelle. Daher müssen sie weiter von Wohnhäusern entfernt errichtet werden, und das verringert laut Dumeier auch die Geräuschbelastung. Unterm Strich sei die Errichtung von Windrädern sicherlich die "schönere Möglichkeit", Energie zu produzieren, als etwa durch den Bau eines Kohlekraftwerks.

Der Anteil der Windenergie an der heimischen Stromerzeugung ist seit dem Vorjahr deutlich gestiegen. Zurückzuführen ist das auf das neue Ökostromgesetz. Viele Windparks, die schon länger geplant waren, wurden im Vorjahr endlich gebaut. Ab dem Zeitpunkt der Eröffnung einer Windanlage gibt es für die ersten 13 Jahre einen garantierten Einspeistarif.

Bürgerbeteiligung steigt

Auch das Planungsbüro Energiewerkstatt aus Oberösterreich ist seit der ersten Stunde der Windkraft in Österreich dabei und betreut Windparks von der Idee bis zum Bau. Große Veränderungen gibt es bei den Betreibern, stellt Geschäftsführer Joachim Payr fest: "Aus den kleinen Firmen der Anfangszeit sind mittlerweile Aktiengesellschaften geworden. Es gibt aber immer noch sehr viele Bürgerbeteiligungsprojekte." Mittlerweile seien auch die Energieversorger - vor allem in Ostösterreich - in diesen Bereich eingestiegen.

Am geringsten sei der Widerstand gegen neue Windräder übrigens dort, wo es bereits Windparks gibt, sagt Payr. "Aber in den neuen Regionen wie in Salzburg, Steiermark, Oberösterreich oder Tirol wird man noch viel Öffentlichkeitsarbeit machen müssen."

Windindustrie: Konkurrenz aus China

Neu eingestiegen in die Windkraftindustrie ist der oberösterreichische Maschinen- und Anlagenbauer "Fill" mit einer neuen Lösung für die Rotorblattfertigung. Laut Vertriebschef Robert Reitinger sei man in der Automobilindustrie bereits sehr gut etabliert. Um sich am Markt ich sicherer zu fühlen, wolle man sich mit der Windkraft breiter aufstellen. Die größte Konkurrenz für die europäische Windindustrie sieht Reitinger in China. So ist im Vorjahr jede dritte neue Windkraftanlage weltweit in China errichtet worden.