Adoptionen: Diskussion über Änderungsbedarf

Homosexuelle Frauen oder Männer müssen Kinder ihrer Partner adoptieren dürfen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gestern entschieden. Jetzt will - oder muss Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) das Gesetz ändern. Aber nur in einer Minimal-Variante, die gerade reicht, die Vorgabe aus Straßburg zu erfüllen.

Beatrix Karl

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) sieht Änderungsbedarf bei nur einem Paragrafen.

(c) Fohringer, APA

Morgenjournal, 20.2.2013

Diskriminierung unzulässig

Die Menschenrechtskonvention hat Verfassungsrang. Und Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg sind daher eine entscheidende Richtschnur für das österreichische Recht, sagt Raimund Wurzer, Sprecher des Obersten Gerichtshof. Der OGH hatte es ursprünglich für unzulässig erachtet, dass eine Österreicherin, die in einer lesbischen Beziehung lebt, den Sohn ihrer Partnerin adoptiert und die beiden Frauen so eine gemeinsame Elternschaft begründen. Nach dem gestrigen Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs in diesem Fall ist die Sache laut Wurzer anders zu sehen: "Weil ja eine Diskriminierung unverheirateter homosexueller Paare in der Adoption festgestellt worden ist. Hier ist die Politik gefordert, ein rechtliches Umfeld zu schaffen, das eine solche Diskriminierung nicht mehr zulässt."

"Ein Paragraf"

Und das will ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl offensichtlich tun. Noch für das Frühjahr plant sie einen Gesetzesentwurf, wie man die Stiefkind-Adoption für homosexuelle Partner zumindest theoretisch öffnet. Es gehe um einen Paragrafen, der geändert werden muss, heißt es aus ihrem Büro.

Damit ein Kind zwei Mütter haben kann, müsste allerdings der leibliche Vater die Zustimmung geben zur Adoption durch die Partnerin der Mutter. Diese Zustimmungsregelung gilt schon jetzt auch für heterosexuelle Paare. Und nur in ganz seltenen Fällen kann ein Gericht ohne Zustimmung des leiblichen Vaters oder der leiblichen Mutter eine Adoption ermöglichen.

Außerdem will die Justizministerin nicht ermöglichen, dass ein lesbisches oder schwules Paar gemeinsam ein fremdes Kind adoptiert. Ermöglicht werden sollen eben nur Adoptionen von leiblichen Kindern der Partnerin oder des Partners.

Alleine Adoptieren erlaubt

Helmut Graupner, der Anwalt des lesbischen Paares, das geklagt hatte, sagt, die ÖVP-Ministerin tue nur, was nach dem Urteil in Straßburg absolut nötig ist. Dass homosexuelle Paare in Deutschland seit gestern auch fremde Kinder adoptieren dürfen, werde da ignoriert.

Faktum ist allerdings: In Österreich dürfen lesbische Frauen und schwule Männer schon heute Kinder adoptieren - aber nur alleine und nicht gemeinsam mit ihrem homosexuellen Partner. Dass der Partner oder die Partnerin dann im selben Haushalt wohnt wie das Kind, ist freilich nicht verboten.

Übersicht