Philharmoniker arbeiten NS-Vergangenheit auf

Kurz vor Weihnachten wurde in den Ö1-Journalen über den verbesserungswürdigen Umgang des Vorstands der Wiener Philharmoniker mit der NS-Vergangenheit des Orchesters berichtet. Die Grünen warfen Vorstand Clemens Hellsberg vor, den Zugang zum Archiv der Philharmoniker sehr restriktiv zu handhaben und nicht reinen Tisch machen zu wollen. Das soll sich nun ändern - bis Ende Mai sollen die Inhalte der Philharmoniker-Homepage auf den neuesten Stand der historischen Forschung gebracht werden.

Zur Aufarbeitung bereit

Bei den Ö1-Recherchen vor knapp drei Monaten hat Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg noch abgeblockt. "Warum sollten wir eine Kommission beantragen," sagte Hellsberg auf die Frage, ob eine Historiker-Kommission für ihn vorstellbar wäre.

Warum werden auf der Homepage nicht die neuesten Erkenntnisse über die Philharmoniker in der NS-Zeit vom Historiker Fritz Trümpi veröffentlicht? "Man kann von uns nicht erwarten, dass wir sofort alles eins zu eins umsetzen", so Hellsberg.

Eine Umgestaltung der Homepage stellte er bis Ende Mai in Aussicht, das ist nach wie vor aktuell. Doch die Inhalte werden nach dem öffentlichen Druck rascher als geplant auf den aktuellen Stand der historischen Forschung gebracht.

Fernsehdokumentation über NS-Vergangenheit

Es gab dann plötzlich doch eine Historikerkommission: Trümpi war gemeinsam mit seinen Kollegen Bernadette Mayrhofer und Oliver Rathkolb im Archiv der Wiener Philharmoniker - und das Fernsehen war bei der Spurensuche dabei, am Montagabend wird die Dokumentation "Schatten der Vergangenheit: Die Wiener Philharmoniker im Nationalsozialismus" (22.50 Uhr in ORF2) ausgestrahlt.

Der Historiker Trümpi war selber überrascht, wie schnell es am Ende gegangen ist. "Ich war sehr überrascht, dass überhaupt etwas passiert und, dass es so schnell passiert", sagte Trümpi im Ö1-Morgenjournal. Der politische Druck habe ein Ausmaß angenommen, dem sich das Orchester nicht mehr widersetzen konnte.

Ungereimtheiten bei Spurensuche

So hatte sich nicht nur der frühere Staatsopern-Direktor Ioan Holender der Kritik des Grün-Abgeordneten Harald Walser an den Philharmonikern angeschlossen, sondern auch Kunstministerin Claudia Schmied (SPÖ). Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hätte die Philharmoniker die Aufarbeitung ihrer Geschichte aus den Händen gegeben, sagte Trümpi.

Der Historiker weist auch auf Ungereimtheiten bei der Spurensuche hin. So seien im Notenarchiv der Staatsoper neue Dokumente aus der NS-Zeit aufgetaucht, die vorher nicht dort gewesen seien. Und Gerüchte, wonach Dokumente zwecks Geschichts-Verschleierung beiseite geschafft worden sein könnten, werden damit zumindest nicht entkräftet.