"Paradies: Hoffnung" bei der Diagonale

Heute Abend beginnt in Graz die Diagonale und die wird, so hat Festivalleiterin Barbara Pichler angekündigt, auf ein ungewöhnliches Kino-Jahr zurückblicken. Michael Hanekes "Liebe" und Ulrich Seidls "Paradies"-Trilogie, die bei den drei bedeutendsten A-Festivals gelaufen sind, sorgten für die großen internationalen Erfolge.

Mit Barbara Albert und Florian Flicker haben zwei renommierte Regisseure nach sechsjähriger Durststrecke wieder Filme vorgelegt. Und ein Newcomer ließ ebenfalls aufhorchen: Der erst 30-jährige Daniel Hoesl hat mit seinem Langfilmdebüt "Soldat Jeannette" erst letzten Monat beim Festival in Rotterdam den Tiger Award gewonnen.

Zur Eröffnung wird heute Abend aber als Österreich-Premiere mit "Paradies: Hoffnung" der dritte Teil von Ulrich Seidls "Paradies"-Trilogie gezeigt. Der Film hatte seine Welturaufführung im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale, blieb dort aber ohne Preis. Am kommenden Freitag läuft er auch regulär in den österreichischen Kinos an.

Kulturjournal, 12.03.2013

Drei Frauen einer Familie sind in Ulrich Seidls "Paradies"-Trilogie auf der Suche nach Liebe, Sex und Geborgenheit, jede auf ihre eigene Weise. In "Paradies: Liebe" hält sich die Mutter am Strand von Kenia einen bezahlten Liebhaber und in "Paradies: Glaube" übersetzt die Tante ihre Sehnsucht nach menschlicher Nähe in religiöse Inbrunst. In "Paradies: Hoffnung" verliebt sich jetzt die 13-jährige Tochter und Nichte in einen viel älteren Mann.

Schauplatz dieser Lolita-Geschichte ist ein Diät-Camp. Dort sollen die Kinder auf ein gesellschaftlich verordnetes Schönheitsideal hin getrimmt werden. Dargestellt werden sie von Laien mit Vorgeschichte. Auf seinen Recherche-Reisen hat Seidl nicht nur sämtliche österreichische, sondern auch einige Diät-Camps in den USA besucht. Den Drill, der in seinem Camp herrscht, hat er sich von den Vorbildern aus Übersee abgeschaut. Der Sportlehrer wirkt da wie ein Ausbildner beim Heer und seine Kollegin wie die gestylte Vorturnerin eines Fitness-Fernsehkanals. Trotz der Strapazen scheinen die Kinder den Aufenthalt aber zu genießen.

Die Zuschauer haben in "Paradies: Hoffnung" auch etwas zu lachen. Vom teils Slapstick-haften Humor kann die Stimmung aber schnell ins Abgründige kippen, wenn der Arzt des Diät-Camps auftritt. Gerade in ihn, eine fast mephistotelische Gestalt, hat sich das junge Mädchen verliebt.

"Paradies"-Marathon

Auf der Diagonale wird auch in einem fast fünfeinhalbstündigen Marathon die gesamte "Paradies"-Trilogie in einem Stück zu sehen sein. Ursprünglich sollte aus dem Stoff ja ein einziger Film werden. Hinter der Entscheidung, daraus eine Trilogie zu machen, steht Ulrich Seidl aber bis heute.

Um die dunklen Seiten scheinbarer Paradiese geht es auch bei einigen Dokumentarfilmen der heurigen Diagonale. Der Film "Djakarta Disorder" zeigt da die Slums im Schatten von Indonesiens boomender Hauptstadt, "Das Venedig Prinzip" deckt auf, wie sehr die Einheimischen unter der Disneyfizierung der Lagunenstadt leiden, und der Kurzfilm "Hände zum Himmel" beobachtet die Gruppendynamik auf einem Hansi-Hinterseer-Konzert.