Türkei: Skepsis nach Öcalan-Erklärung

Der gestrige Friedensappell des inhaftierten PKK-Chefs Öcalan ist von türkischen Politikern unterschiedlich aufgenommen worden. Während Regierungschef Recep Tayyip Erdogan eine positive Entwicklung sieht, spricht der Chef der türkischen Nationalistenpartei vom Verrat des Landes durch die Regierung.

Morgenjournal, 22.3.2013

Weitere Verfolgung

Der türkische Innenminister findet den Tonfall von Öcalans Friedensappell ermutigend, will aber gegen dessen Anhänger ermitteln lassen. Sie hätten nämlich bei der Massenveranstaltung in Diyarbakir Porträts von Öcalan hochgehalten – und das sei nach türkischem Gesetz verboten.

Auch Ministerpräsident Erdogan konnte sich, bei aller Genugtuung über die Erklärung des PKK-Chefs, einen Seitenhieb nicht verkneifen: Dass unter den tausenden kurdischen Fahnen in Diyarbakir nicht eine einzige türkische gewesen sei, findet er bedenklich.

Warten auf die "Praxis"

Ansonsten sieht Erdogan Gründe für einen vorsichtigen Optimismus: "Der Friedensappell sei eine positive Entwicklung. Das Wichtigste sei aber die Praxis. Wir möchten so bald als möglich sehen, wie die Bemerkungen von Öcalan sich in der Wirklichkeit widerspiegeln. Sollte das der Fall sein, dann werde sich die Atmosphäre in der Türkei und in der Region ändern."

Frage der Gegenleistung

Ganz anders die Reaktion des Chefs der Nationalistenpartei Devlet BahcelI: Öcalan habe bereits den gleichen Tonfall wie Erdogan. Das zeige, dass der Ministerpräsident mit dem Terroristenchef unter einer Decke stecke, um das Land zu verraten.

Der Chef der größten Oppositionspartei CHP hält sich zurück: Er habe zu wenig Information über die zwischen der Regierung und der PKK getroffenen Vereinbarungen.

Ähnlich geht es einem großen Teil der türkischen Öffentlichkeit. Auch wenn sich die Zeitungen seit Wochen an Spekulationen übertreffen, weiß doch niemand genau welche politische Gegenleistung Öcalans PKK für den gestern verkündeten Waffenstillstand bekommt.