Vinterberg-Film "Die Jagd"

Mit seinem Film "Das Fest" hat der dänische Regisseur Thomas Vinterberg 1998 einen vielbeachteten Beitrag zum Thema Kindesmissbrauch vorgelegt, ein Thema, das auch im Mittelpunkt seines neuesten Werks "Die Jagd" steht. Doch diesmal hat Vinterberg, eine ungewöhnliche Täter-Opfer-Perspektive gewählt.

Morgenjournal, 3.4.2013

Eine Gruppe von Männern bei der Jagd, totes Wild in Großaufnahme, dann geselliges Beisammensein. Keine besonderen Vorkommnisse in einer dänischen Kleinstadt, doch schon bald wird eine ganz andere Jagd eröffnet, als der sympathische Kindergartenerzieher Lucas (Mads Mikkelsen), des Kindesmissbrauchs beschuldigt wird. Ausgerechnet die Tochter von Lucas bestem Freund soll das Opfer sein. Es ist ein kleiner Racheakt des Kindes mit großen Folgen. Von Anfang an lässt Regisseur Tomas Vinterberg keinen Zweifel an der Unschuld seiner Hauptfigur. Orientiert hat er sich an wahren Fällen, die, so Vinterberg, die Theorie, dass Kinder nicht lügen, widerlegt hätten.

Persona non grata

Klischees und vorgefertigte Denkmuster können das Leben erleichtern, doch hier sind sie fatal, denn ist der Schalter der Entrüstung erst einmal umgelegt, gibt es kein Halten mehr. Als persona non grata ist für Lucas selbst der Einkauf im Supermarkt nicht mehr möglich, auch wenn konkrete Beweise fehlen und die polizeilichen Ermittlungen sogar eine Entlastung bringen.

Zerstörung der Gemeinschaft

Doch die Psychodynamik der Gemeinschaft ist längst aus dem Ruder gelaufen, aus Vorurteilen wird Verdammung, aus einem beliebten Gemeindemitglied ein Außenseiter, auf Lebensfreude folgt Verbitterung und offene Konfrontation. Doch unter der Oberfläche bleiben die Gefühle der Figuren gespalten, zwischen Wissen und Glauben, zwischen richtig und falsch. Er wollte, so Regisseur Thomas Vinterberg, zeigen, wie schnell man das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gemeinschaft zerstören kann.

Plädoyer für genaues Hinschauen

Freilich nimmt der Film "Die Jagd" eine gewagte Perspektive ein, aber weil er seine Argumente gegen die Fehlleistungen voreiliger politischer Korrektheit sorgfältig vorträgt, ist ihm jegliche Verharmlosung fremd. Im Gegenteil: Hier wird ein Plädoyer für das Hinschauen vorgetragen, für ein genaues Hinschauen jenseits eingeübter Reflexe.

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Thimfilm - Die Jagd