Korea-Experte: "Drohungen ernst nehmen"
Die Menschen in Südkorea haben offenbar wenig Angst vor einem Krieg und reagieren auf das tägliche Trommelfeuer von Drohungen aus Nordkorea relativ gelassen. Dennoch warnt der deutsche Korea-Experte Bernhard Seliger davor, die Lage zu unterschätzen.
8. April 2017, 21:58
(c) Stringer,EPA
Mittagsjournal, 4.4.2013
Bernhard Seliger von der Hanns-Seidel-Stiftung in Seoul, im Gespräch mit
Gesprächsbasis erhalten
Grundsätzlich rät Seliger dazu, die Drohungen des nordkoreanischen Regimes ernst zu nehmen, damit es nicht wie 2010 zu heißeren Konflikten und dem Verlust von Menschenleben kommt. Es sei auch wichtig, immer wieder Gesprächsangebote zu machen. Das nehme Nordkorea auch die Möglichkeit zu behaupten, dass es keine Grundlage für Gespräche gebe. Auf der anderen Seite gehe es den Militärs darum, das Gesicht zu wahren und in Kooperation mit den USA dem jungen Machthaber in Nordkorea zu zeigen, dass ein Angriff für ihn selbst katastrophal enden würde. "Und das ist vielleicht auch sinnvoll und notwendig."
Kleinere Aktionen möglich
Einen Großangriff Nordkoreas mit konventionellen Waffen schließt Seliger aus. Nordkorea habe zwar unglaublich viele Waffen und 1,1 Millionen Soldaten. Aber die Waffensysteme seien völlig veraltet, Munition- und Waffenvorräte unzureichend. Was die Südkoreaner jedoch fürchteten, seien kleinere Aktionen der Nordkoreaner, wie der Beschuss einer Insel vor zwei Jahren, oder die Versenkung eines Kriegsschiffs und solche Aktionen, die man nicht sofort Nordkorea zuordnen kann, damit eine Vergeltung nicht möglich ist. Südkorea lasse jedenfalls den Weg für Verhandlungen mit der erst seit einem Monat bestehenden neuen Regierung Nordkoreas offen.
Mediale Inszenierungen
Die Bevölkerung in Südkorea nehme die Drohungen gelassen auf, berichtet Seliger. Das sehe man daran, dass es nicht zu Hamsterkäufen komme, wie das noch vor zehn Jahren der Fall war, wenn es beunruhigende Nachrichten aus Nordkorea gab. "Auch der Aktienindex steigt oder fällt unabhängig von den Ereignissen im Norden. Die Menschen gehen davon aus, dass diese Drohungen nur mediale Inszenierungen Nordkoreas sind, aber nicht zu einem Krieg führen werden." Allerdings hätten die Drohungen eine neue Qualität bekommen, weil sie nun schon zwei Monate andauerten. Und es gebe die Sorge, dass es durch technische Defekte oder Fehlkalkulationen doch zu einer Eskalation kommen könnte. Auf der anderen Seite stehe die Gewissheit, dass es am Ende eines Krieges kein Nordkorea mehr geben werde, "und das will die Regierung in Nordkorea ganz sicher vermeiden".