Doralt: Über Bankgeheimnis nachdenken

Die Aufdeckung internationaler Steueroasen und ihrer Nutznießer ist für den Finanzrechtler Werner Doralt ein Anlass, umgehend gegen derartige Steuerparadiese vorzugehen. Er spricht von einem "Wirtschaftskrieg", auf den man entsprechend reagieren müsse. Und er ruft dazu auf, sofort über das österreichische Bankgeheimnis nachzudenken.

Ein Sparbuch

(c) Gindl, APA

Mittagsjournal, 5.4.2013

Debatte über "Hexenjagd"

130.000 Namen sind in den Unterlagen aufgetaucht. Werner Doralt, emeritierter Professor für Finanzrecht an der Uni Wien, geht davon aus, dass "der Großteil" von ihnen Steuern hinterzogen hat. Es mögen auch andere Motive eine Rolle spielen, wie dass es Geld von Verbrechern sei oder dass jemand sein Vermögen vor der Familie verstecken möchte, so Doralt. Damit sei aber "zwangsweise" eine entsprechende Steuerhinterziehung verbunden.

Zurückhaltender ist da Michael Lang vom Institut für österreichisches und internationales Steuerrecht an der WU Wien. Er warnt vor einer "Hexenjagd". Derzeit stehe jeder im Rampenlicht, "der irgendwo im Ausland und in Niedrigsteuerländern Gestaltungen hat". Da müsse man rechtlich stark differenzieren, so Lang. Es werde auch Gestaltungen geben, über die man moralisch und ethisch diskutieren könne, die aber rechtlich zulässig sind. Die Finanzverwaltungen sollten diese Fälle "sehr nüchtern" betrachten.

"Radikale Antworten auf Wirtschaftskrieg"

Bis jeder einzelne Fall geprüft und rechtlich entschieden ist, könnte das Jahre dauern. Bis zu 25 Billionen Euro sind in den Steueroasen gebunkert, schätzt die britische Organisation Tax Justice Network. Werner Doralt spricht von einem "Wirtschaftskrieg", den die Steueroasen gegen den Rest der Welt führten. Und die Welt müsse "auf diese Methoden der Steueroasen entsprechend reagieren." Steueroasen müssten wirtschaftlich isoliert werden, vom Abschneiden der Bankverbindungen bis zum Kappen der Flugverbindungen. "Da muss man erfinderisch sein. Diese Steueroasen gehören international isoliert. Auf einen Wirtschaftskrieg muss man entsprechend antworten." Da sollte die EU durchaus radikal vorgehen, sagt Michael Doralt.

Der Steuerrechtler Michael Lang setzt auf ein einheitliches Steuerrecht innerhalb der EU - das sei aber schwierig, weil die Staaten aus nationalem Interesse ihre Spielräume bei den Steuern verteidigen. Dazu sollte die EU aber auch einheitlich gegenüber Drittstaaten auftreten. Derzeit verhandelten die Staaten einzeln mit Steueroasen, das sei nicht ideal. Besser wäre es, wenn die EU einheitliche Lösungen vorschlägt.

"Jetzt über Bankgeheimnis nachdenken"

Österreich solle eine Vorreiterrolle in der EU einnehmen, sagt Werner Doralt, etwa indem die Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung von derzeit zehn Jahren auf 20 Jahre erhöht wird. Und passieren soll jetzt schnell etwas, sagt der Finanzexperte: "Nicht warten, bis die Daten alle da sind. Jetzt ist der Punkt erreicht, um über das Bankgeheimnis nachzudenken. Man sieht ja, dass das Bankgeheimnis überhaupt keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung hat." Das Bankgeheimnis sei ein Bankenprivileg zur Sicherung des Bankplatzes und des Geschäfts in Österreich. "Es muss den Politikern jetzt klar sein, dass damit Schluss sein muss. Die Reste, die Österreich noch aus dem Bankgeheimnis zieht, müssen jetzt auch beseitigt werden."