Britische Steueroasen: Cameron gegen Verbot
Großbritannien steht im Zentrum der Kritik, wenn es um das Thema Steuerhinterziehung geht. Das Land hat europaweit das größte Netz von Steueroasen, sie sind ein wichtiger Teil der britischen Finanzindustrie. Premierminister David Cameron hat zwar multinationale Konzerne aufgefordert ihren fairen Anteil an Steuern zu bezahlen, strengere Gesetze lehnt er aber ab.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.4.2013
32.000 Einwohner - eine Million Firmen
Wer viel Geld hat und seine Gewinne nicht mit dem Finanzminister teilen möchte, sucht sich eine Insel im britischen Steueroasen-Empire aus und gründet dort eine Briefkastenfirma. Allein auf den Britischen Jungferninseln sind eine Million Firmen registriert – das bei knapp 32.000 Einwohnern. Steuerexperten in der Londoner City sind darauf spezialisiert, vermögende Kundschaft für die Offshore-Zentren an Land zu ziehen. In vielen Firmen sind sie selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur, sagt John Christensen von der Organisation Tax Justice Network: "Großbritannien hat eines der größten Steueroasen-Netze weltweit. Es ist kein Zufall, dass die Cayman Inseln, die Britischen Jungferninseln, Gibraltar, Bermuda, Anguilla und die Turks- und Caicos-Inseln dazu gehören. Großbritannien toleriert ihre Aktivitäten, weil die City von London großes Interesse an ihrem Fortbestand hat."
"Förderung von Kriminalität"
Durch die Duldung dieser Steueroasen verliere die britische Regierung nicht nur geschätzte 21 Milliarden Euro an Steuereinnahmen jährlich, sondern fördere kriminelle Aktivitäten, sagt Christensen: "Steueroasen garantieren Diskretion und ziehen Korruption an. Wer seine Aktivitäten verschleiert, hat auch mit größerer Wahrscheinlichkeit Interesse daran, korrupte Praktiken durchzuführen."
"Für Inseln nicht zuständig"
Der konservative Premierminister David Cameron hat das Thema Steuerhinterziehung zum Schwerpunkt der britischen G-8-Präsidentschaft gemacht: Im Juni wird es beim G-8-Gipfel in Nordirland auf höchster Ebene besprochen. London betont aber, man habe keinen Einfluss auf die Gesetzgebung der Überseegebiete der britischen Krone. Die britische Finanzmarktaufsicht ist für die Inseln nicht zuständig. In Steuerfragen sind sie eigenständig, außerdem in Konkurrenz zueinander und zum Mutterland.
Ruf nach globalen Regeln
John Christensen sagt, nur eine globale Regelung könnte alle Steueroasen trocken legen, das wäre ein Fall für die Vereinten Nationen: "Das Steuerkomitee der Vereinten Nationen muss eingreifen. Länder wie China und Indien haben es bereits instruiert, neue Regeln festzulegen, die die OECD-Regeln ablösen. Es gibt also Fortschritte, aber sie sind klein und könnten nur bestimmten Ländern von Vorteil sein, aber nicht auf globaler Ebene."
Das unabhängige Tax Justice Network schätzt, dass Vermögende rund um den Globus 11,5 Billionen Dollar in allen Steueroasen weltweit geparkt haben.