Orban gelassen über EU-Debatte

In Ungarn wird die Debatte um einen Ausschluss Victor Orbans aus der Fraktion der Europäische Volkspartei im EU-Parlament, gelassen genommen: für Orbans Regierungsmehrheit geht es um den Kurs in Ungarn, da wird Europa gern ein wenig links liegen gelassen.

Mittagsjournal, 17.4.2013

Revolution von oben

„Unter Viktor Orban wurde Ungarn zu einem Fremdkörper in der europäischen Staatengemeinschaft“, schreibt heute die linksliberale, regierungskritische Tageszeitung Nepszabagsag. Die regierungsnahen Zeitungen hingegen würdigen Orbans heroischen Kampf zur Verteidigung der Interessen des Landes. Nicht erwähnt wird, dass die Interessen des Landes derzeit identisch mit jenen des Ministerpräsidenten sind.

Der 50-jährige Machtpolitiker vollzieht eine Art Revolution von oben. Durch die parlamentarische Zwei-Drittelmehrheit seiner nationalkonservativen Partei namens Fidesz fühlt er sich dazu legitimiert, ja sogar aufgerufen, das Land ganz nach seinen politischen Vorstellungen umzubauen.

Demokratie beschnitten

In einem Interview für ausgewählte deutschsprachige Tageszeitungen sagte Orban kürzlich, dass er immer dann vom Volk gerufen werde, wenn das Land am Boden liege. Orban deutet damit an, dass er nicht nur gewählt wird, nein, er wird gerufen. Jede politische Entscheidung des Ministerpräsidenten, und sei sie noch so umstritten, wird mit dem Argument gerechtfertigt, dass die Ungarn das so wollen, der Wählerwille sei zu respektieren. In Wahrheit weiß niemand, ob die Ungarn tatsächlich eine neue Verfassung wollten, die ausschließlich auf die Interessen der Regierungspartei Fidesz zugeschnitten ist. Es gab keine Volksabstimmung, lediglich eine unverbindliche Befragung, deren Ergebnisse nie veröffentlicht worden sind.

In Orbans neuer Verfassung werden demokratische Kontrollinstanzen in ihren Befugnissen beschränkt, sodass er ohne Widerstände quasi durchregieren kann. Alle wichtigen Organe des Staates sind mit loyalen Personen besetzt, egal ob Nationalbank, Rechnungshof, Verfassungsgericht oder Medienbehörde. Auch der Staatspräsident ist ein langjähriger Weggefährte Orbans. Kritiker haben das Gefühl, dass sich da eine Partei das Land aufteilt. Viktor Orban spricht von gelebter Demokratie.