SPÖ-Stimmen gegen Volksabstimmungs-Automatik
SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Werner Faymann äußert sich vorsichtig positiv zur ÖVP-Forderung nach automatischen Volksabstimmungen bei erfolgreichen Volksbegehren. Er spielt den Ball aber auch ins Parlament, und seine in Verfassungsfragen entscheidenden Parlamentarier sehen die Sachlage anders.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.4.2013
"Nicht das brennendste Problem"
Peter Wittmann ist Verfassungssprecher der SPÖ und als solcher auch Obmann des wichtigen parlamentarischen Verfassungsausschusses. Und Wittmann zieht folgende Lehre aus dem Flop des Demokratie-Volksbegehrens: "Da hat sich herausgestellt, dass Demokratiefragen nicht das brennendste Problem der Österreich sind."
Sozialminister Rudolf Hundstorfer widerspricht seinem Parteifreund am Rande des Ministerrats: "Dass das Volksbegehren nicht durchgekommen ist, heißt nicht, dass wir nicht mehr Demokratie brauchen. Das Thema ist halt nicht mehrheitsfähig gewesen, sonst hätten es mehr unterschrieben." In Sachen Volksabstimmungsautomatik stimme der Bundeskanzler Werner Faymann zu, sagt Hundstorfer.
Alle Fragen ausgenommen
Und auch in diesem Punkt liegen der Minister und der Parlamentarier meilenweit auseinander. SPÖ-Verfassungssprecher Wittmann ist nämlich "sehr skeptisch" gegenüber automatischen Volksabstimmungen und meint, dass sehr viele Fragen dafür einfach nicht geeignet seien: "Wer schützt die Minderheit vor der Mehrheit? Sind Verfassungsfragen erfasst? Gehaltsfragen für die öffentlich Bediensteten? Steuerfragen? Da kann ich eh schon alles ausnehmen."
Kein "missbrauchssicheres Instrument"
Eines Sinnes mit Wittmann ist der SPÖ-Klubobmann im Parlament. Josef Cap betont, dass man die Frage einer Volksinitiative, wie sie die Schweiz kennt und die ÖVP als Bedingung für die nächste Koalition fordert, schon in aller Ausführlichkeit debattiert habe. Ergebnis: negativ, so Cap. Niemand habe ein "schlüssiges, praktikables, missbrauchssicheres Instrument" auf den Tisch legen können. Modelle, die es in Ansätzen gebe, seien nur auf Landesebene in Deutschland und sonst nirgends eingeführt. Da werde man noch lange diskutieren müsse. Auch die ÖVP habe keine Lösungen, "nur Überschriften".
Der SPÖ-Klubchef hat den Ball an den der Parteichef den Ball weitergespielt. Und Cap baut schon einmal möglichen Schuldzuweisungen vor - mit unverhohlener Kritik am Koalitionspartner ÖVP, der die Umsetzung von Forderungen aus dem Bildungsvolksbegehren verhindert habe.
Was das Scheitern des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien betrifft, hat der SPÖ-Klubchef übrigens eine besonders originelle Erklärung parat: Weil der neue Papst, den Cap italophil Francesco nennt, so ein großer Reformer sei, hätten so wenige in Österreich das Volksbegehren unterschrieben.